Artikel teilen:

Merz verteidigt Stopp von Waffenlieferungen an Israel

Friedrich Merz verteidigt seine Entscheidung, bestimmte Rüstungsexporte nach Israel zu stoppen. Kritik kommt vor allem aus den eigenen Reihen. Der Kanzler betont, er habe nicht allein entschieden.

Der Streit um einen Stopp von Waffenlieferungen hat am Wochenende die Union in Aufruhr versetzt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigte am Sonntag in den ARD-Tagesthemen seine Entscheidung, den Export von Rüstungsgütern nach Israel teilweise zu stoppen. Die Entscheidung sei nicht kurzfristig gefallen.

Den Vorwurf, der Schritt sei ein Kurswechsel in der deutschen Israel-Politik, wies er zurück. “Wir haben einen Dissens mit der israelischen Regierung und der betrifft das Vorgehen Israels im Gazastreifen.” Das halte eine Freundschaft aber aus, so Merz. An den Grundsätzen der deutschen Israel-Politik ändere das nichts. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Merz am Freitag vorgeworfen, Deutschland belohne mit seinem Vorgehen die islamistische Terrorgruppe Hamas.

Die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts, den Krieg im Gazastreifen auszuweiten, sei für ihn überraschend gewesen, so Merz. Daraufhin habe er beschlossen, die Waffenexporte teilweise zu stoppen. Auf die Frage, ob auch die öffentliche Diskussion eine Rolle gespielt habe, sagte Merz, von “öffentlichem Druck lasse ich mich nicht so sehr beeindrucken wie von meinem eigenen Bild, auch von den Beratungen mit unseren Fachleuten”.

Merz betonte: “Wir können nicht Waffen liefern in einem Konflikt, der jetzt ausschließlich versucht wird mit militärischen Mitteln gelöst zu werden.” Der Kanzler fügte hinzu: “Wir wollen diplomatisch helfen und wir tun das auch.”

Merz’ Schritt hatte in der Union teils heftige Kritik ausgelöst. Mehrere Politiker von CDU und CSU sprachen von einem riskanten Kurswechsel. Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Hoffmann erklärte am Samstag in der “Bild”, die CSU sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen. “Und wir halten sie für bedenklich. Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig.” Auch der CSU-Ehrenvorsitzende Horst Seehofer äußerte sich ablehnend. Er sagte der Zeitung: “Das war eine Fehlentscheidung. Dieser außenpolitische Fehler wird lange fortwirken.”

Unterstützung erhielt Merz unter anderen vom für Außen- und Verteidigungspolitik zuständigen Unionsfraktionsvize im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU). “Deutschland steht unbezweifelbar fest und verlässlich an der Seite Israels, wenn dessen Sicherheit bedroht oder angegriffen wird.” Gleichzeitig setze sich die Bundesregierung für die Beendigung der katastrophalen humanitären Situation in Gaza ein, sagte er der “Welt”. Es stehe außer Frage, dass Israel “auf Grundlage seiner faktischen Herrschaft” die Pflicht habe, die angemessene Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. “Leider kommt Israel dieser Pflicht nicht nach.” Die Bundesregierung gehe davon aus, “dass eine Ausweitung des Krieges eine weitere Verschlechterung der humanitären Situation nach sich ziehen würde. Die Bundesregierung darf – rechtlich und politisch – hierzu durch Waffenlieferungen für den Krieg in Gaza keine Unterstützung leisten.”

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Adis Ahmetovic, kritisierte, dass die israelische Regierung ihre ursprünglichen Militärziele aus den Augen verloren habe. Sie betreibe stattdessen eine “Politik von Vertreibung und Aushungern in Gaza und der Annexion” im Westjordanland. Das stelle einen klaren Bruch von internationalem Recht dar. “Daher begrüßen wir, dass der Bundeskanzler unserer Forderung folgt.”

Für Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann ist die Aussetzung bestimmter Rüstungsexporte “ein wichtiger Schritt”: Die Ausweitung des Krieges sei katastrophal für die Zivilbevölkerung in Gaza und die immer noch von der Terrororganisation Hamas festgehalten Geiseln. Zugleich betonte Haßelmann: “Selbstverständlich gilt die Staatsräson.” Merz und Außenminister Johann Wadephul (CDU) sollten jetzt diplomatisch jede Chance nutzen, sich für ein Ende des Krieges, einen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und ein Abwenden der humanitären Katastrophe einzusetzen.

Lea Reisner, Sprecherin für internationale Beziehungen der Linke-Fraktion, sagte, nach humanitärem Völkerrecht sei Deutschland verpflichtet, aktiv zu verhindern, dass “von deutschem Boden aus Waffen für solche Verbrechen bereitgestellt werden”.

Nötig sind laut Reisner zudem ein “vollständiger und bedingungsloser Exportstopp, die Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens, gezielte Sanktionen gegen extremistische Minister der Netanjahu-Regierung, die Anerkennung Palästinas als souveräner Staat – und massiver internationaler Druck für die Freilassung aller Geiseln und ein Ende der Angriffe”.