Menschenrechtler und Christen kritisieren die aktuelle Migrationsdebatte in Politik und Gesellschaft. Migrantinnen und Migranten würden pauschal für schreckliche Attentate wie in Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg verantwortlich gemacht, wie der in Lengerich bei Münster ansässige Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ am Montag mitteilte. Immer unverhohlener bedienten führende Politiker sogar aus der Union und der FDP die Stereotype der Fremdenfeindlichkeit.
Die Zugewanderten gerieten unter Generalverdacht und würden zur Projektionsfläche diffuser Ängste und ungelöster gesellschaftlicher Probleme, sagte der Vorsitzende Peter Kossen. „Migranten sind keine Kriminellen – ihnen kommt die gleiche Würde zu wie jedem Menschen.“ Das Recht auf Asyl sei aus guten Gründen im Grundgesetz verankert. Im Übrigen hätten Fluchtgründe wie Klimawandel und Umweltzerstörung ihren Ursprung „gerade auch in unserm Land und in unseren Konsumgewohnheiten“.
Die Attentate bestimmten derzeit die Diskussionen und Emotionen. Wenn deutsche Männer hingegen Frauen verprügelten oder töteten, bleibe der Aufschrei in Politik und Gesellschaft aus, beklagte der katholische Priester, der sich mit seinem Verein seit Jahrzehnten für Arbeitsmigranten unter anderem im Raum Vechta einsetzt.
Er erfahre täglich, wie Arbeitsmigranten zu Zehntausenden in der Fleischindustrie oder bei den Paketdiensten „verschlissen und gedemütigt“ würden, erläuterte Kossen. Zehntausende Migrantinnen würden Opfer von Zwangsprostitution. Deutschland gelte als das Bordell Europas. „Wo bleiben da der Aufschrei und die Forderung nach Konsequenzen?“
Deutschland brauche die Migration, um nicht völlig zu vergreisen, sagte der Theologe. „Die Alten- und Krankenpflege, die Lebensmittelproduktion, die Paketdienste, die Lkw-Fahrer, die Hotellerie, die Gastronomie und der Bausektor sind Beispiele für Branchen, die ohne migrantische Arbeitskräfte in Deutschland überhaupt nicht mehr funktionieren würden.“ Einwanderung aus Drittstaaten sei keine Einwanderung in die Sozialsysteme, sondern diene dazu, sie aufrecht zu erhalten.