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Menschenrechtler entsetzt über Abschiebungen nach Afghanistan

Deutschland startet eine Woche nach der tödlichen Messerattacke von Solingen einen härteren Kurs in der Asylpolitik. Erstmals seit drei Jahren wurden Menschen wieder nach Afghanistan abgeschoben. Dagegen gibt es Protest.

Nach einer Abschiebung von 28 afghanischen Flüchtlingen aus Deutschland in ihre Heimat gibt es Proteste von Menschenrechtsorganisationen. “Niemand ist in Afghanistan sicher”, erklärte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Julia Duchrow, am Freitag in Berlin. Auch Pro Asyl äußerte Kritik. Hintergrund sind Debatten über einen restriktiveren Umgang mit “Gefährdern” und Straftätern, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Die Bundesregierung strebt unter anderem an, solche Straftäter auch wieder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Am Freitagmorgen fand nach dreijährigem Abschiebestopp infolge der Machtübernahme der Taliban erstmals wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan statt. Auch der Attentäter von Solingen, der mehrere Menschen erstach und schwer verletzte, hätte bereits abgeschoben werden sollen. Er stammte aus Syrien und hätte nach Bulgarien als Ersteinreiseland abgeschoben werden sollen.

Abgeschoben wurden am Freitag laut Bundesregierung afghanische Staatsangehörige, die sämtlich verurteilte Straftäter waren, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. Zu den ausgewiesen Straftätern gehörte ein aus Rheinland-Pfalz abgeschobener Afghane, der als Sexualstraftäter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.

“Menschenrechte haben wir alle – und niemand darf in ein Land abgeschoben werden, wo Folter droht”, führte Generalsekretärin Duchrow aus. Schiebe Deutschland nach Afghanistan ab, bestehe das Risiko, zum Komplizen der Taliban zu werden. Sie verwies auf Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Menschen und Folter in dem asiatischen Land.

Jegliche Abschiebungen nach Afghanistan sind auch nach Ansicht von Pro Asyl angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen völkerrechtswidrig. Deutschland schiebe nun in ein Land ab, in dem allein im Juni mehr als 60 Menschen etwa mit Verweis auf Homosexualität ausgepeitscht wurden, kritisierte die Organisation am Freitag in Frankfurt.

Von einer “Bankrotterklärung für den Rechtsstaat” sprach dabei der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl, Tareq Alaows. “Eine Zusammenarbeit mit den Taliban – auch über Bande – fördert Terrorismus und Islamismus”, sagte er.