Berlin – Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland sind in den vergangenen Jahren in Heime oder Pflegefamilien gekommen: Die Zahl der Inobhutnahmen stieg zwischen 2010 und 2017 von 33 521 auf 38 891 Personen, wie die „Welt“ (online) unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion berichtet. Nicht eingerechnet in den Zahlen sei die Gruppe der alleinreisenden minderjährigen Flüchtlinge, die einen großen Teil der Fälle ausmache.
Wie lange die Kinder und Jugendlichen in Obhut leben und ob sie zu ihren Eltern zurückkehren, variiert den Angaben zufolge in den Bundesländern. Im Bundesdurchschnitt hätten 41 Prozent der Kinder und Jugendlichen nach einer vorübergehenden Inobhutnahme wieder zu ihren Erziehungsberechtigten zurückkehren können. Während demnach in Hamburg (27 Prozent) und Berlin (30 Prozent) weniger als ein Drittel der Kinder innerhalb desselben Jahres in ihre Familien zurückkehren konnte, waren es in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern 46 Prozent.
Auch hinsichtlich der Dauer der Fremdbetreuung würden „erhebliche regionale Unterschiede“ beobachtet, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Die Dauer von Inobhutnahmen ohne die Fälle aufgrund einer unbegleiteten Einreise sei zwischen 2010 und 2016 bundesweit von durchschnittlich 24,8 Tagen auf 35,7 Tage gestiegen. Dabei werde der Durchschnittswert „stark durch Einzelfälle mit besonders langer Dauer beeinflusst“. Zudem hänge die Dauer mit dem Alter zusammen: „Je jünger, desto länger dauern im Durchschnitt die Inobhutnahmen.“ Um die gestiegene Dauer zu erklären, lägen allerdings „keine ausreichenden Forschungserkenntnisse vor“, hieß es.
„In der Kinder- und Jugendhilfe fehlt es an einer übergeordneten Instanz, die Jugendämter berät und ihnen zur Seite steht“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Daniel Föst. „Jugendämter machen in der Regel einen sehr guten Job, aber die Standards zwischen den einzelnen Bundesländern sind sehr unterschiedlich.“ Zudem gebe es keine flächendeckende wissenschaftliche Erhebung zu Inobhutnahmen in Deutschland. Die FDP fordere deshalb ein „zentrales, unabhängiges Kompetenzzentrum, das Richtlinien definiert und als Kooperationspartner der Jugendämter zur Verfügung steht“. KNA
Artikel teilen: