Neue Technologien müssen altersfreundlicher werden. „Digitale Entwicklungen und besonders KI können viele positive Effekte auf die alternde Gesellschaft haben“, sagte Jonathan Petzold, Programmleiter Alter und Digitalisierung der Körber-Stiftung. Der 35-Jährige fordert, den digitalen Wandel mit dem demografischen Wandel zu denken. Aktuell hätten die IT-Unternehmen vor allem Jüngere im Blick, das Bild von älteren Menschen müssten viele erstmal überdenken: „Wir müssen weg von Seniorenhandy und Sturzmatte hin zu Lifestyle-Produkten für eine anspruchsvolle Zielgruppe“, erklärte Petzold, der die Ergebnisse der Körber-Studie „Smart Ageing – Gut alt werden im digitalen Wandel“ vorstellte. Demnach sei die ältere Generation insgesamt technikaffiner als häufig angenommen.
„Die eine Meinung“ dazu gebe es allerdings nicht, denn ältere Menschen seien eine extrem heterogene Gruppe: So spielen für 61 Prozent der 50- bis 59-Jährigen digitale Technologien heute eine große Rolle in ihrem Alltag, aber nur für 13 Prozent der über 80-Jährigen. Auch sozial Schwächere haben laut Studie eher Vorbehalte, weil sie wahrscheinlich weniger Erfahrungen mit digitalen Anwendungen haben.
Keine guten Aussichten für alternde Gesellschaft
Zudem dürften auch die Offliner nicht vergessen werden, die noch keinen Zugang zum Internet hätten. Hier sieht Petzold das Potenzial der Künstlichen Intelligenz (KI), die den Zugang zu Technik vereinfacht. „Dies sind gute Aussichten für eine alternde Gesellschaft. Schon jetzt sind 17 Prozent der über 50-Jährigen, fast 6,3 Millionen Menschen, äußerst technikaffin – und diese Zahl wächst“, sagte Petzold.
Die über 50-Jährigen nutzen schon heute diverse technische Möglichkeiten im Alltag, etwa im Austausch mit Familie und Freunden (79 Prozent) oder bei Bankangelegenheiten (56 Prozent). Gleichzeitig fühlen sich 41 Prozent mit der Bedienung von technischen Geräten überfordert. Fast zwei Drittel (63 Prozent) meinen, dass viele Geräte zu viele unnötige technische Funktionen hätten. Entsprechend äußern 59 Prozent Zweifel, dass die Bedürfnisse älterer Menschen bei der Entwicklung neuer Technologien ausreichend berücksichtigt werden.
Petzold: „Die Teams in IT-Unternehmen müssen altersdiverser werden, damit bei der Entwicklung neuer Produkte die Perspektive von Älteren berücksichtigt wird.“ Diese Ausrichtung auf die Altersfreundlichkeit sei zudem inklusiv und menschenzentriert: „Was gut nutzbar für Ältere ist, ist gut nutzbar für alle“, betonte Petzold.
Insgesamt wird der mögliche Beitrag von Technik für ein leichteres Leben im Alter von der Hälfte der Befragten (49 Prozent) als hoch eingestuft. Vor allem beim Austausch mit Familie und Freunden (70 Prozent), beim Informieren über das aktuelle Geschehen (65 Prozent) und in medizinischen Notfällen (57 Prozent) halten Menschen ab 50 Jahren digitale Angebote für eine große Hilfe im Alter.
KI wirkt sich positiv aus
„Technologie kann dafür sorgen, dass Menschen länger und selbstständiger leben und dabei stärker familiär und sozial eingebunden bleiben“, sagt Petzold. Studien zeigen, dass sich soziale Teilhabe auch positiv auf die Gesundheit auswirke. Und wenn ältere Menschen länger fit bleiben, könne die Digitalisierung so auch Gesundheits- und Pflegesysteme entlasten.
Gerade die rasante, sich selbst beschleunigende Entwicklung rund um Künstliche Intelligenz wirke sich potenziell positiv aus. Petzold: „KI macht Technologie zugänglicher und inklusiver: Durch Sprachsteuerung, Eingabe in nativer Sprache und Systeme, die ’empathisch’ auf unsere Bedürfnisse reagieren.“ Wichtig sei, die Technik nicht als Ausgleich für gesundheitliche Defizite, sondern als Ermöglichungstechnologie zu sehen. Der konkrete Nutzen müsse klar sein.