Aus Sicht der Medizinethikerin Christiane Woopen handelt es sich beim Thema Abtreibung immer um ein Dilemma, aus dem es keinen konfliktfreien Ausweg gibt. “Es geht zum einen um die Selbstbestimmung, die Gesundheit und das Leben der Frau, aber nicht ausschließlich, denn mit dem ungeborenen Leben ist immer ein zweites Lebewesen beteiligt”, sagte sie der “Rheinischen Post” (Montag) mit Blick auf die Zukunft des Abtreibungsparagrafen 218.
Die Frage nach einer “Liberalisierung” bei Schwangerschaftsabbrüchen sei für sie eine falsche Kategorie, fügte sie hinzu. “Man ist ja nicht liberaler, wenn man bei einer Abwägung im Schwangerschaftskonflikt die Rechte der Schwangeren stärker gewichtet als es jetzt der Fall ist”, erläuterte Woopen.
Sie ist Mitglied einer Expertenkommission der Bundesregierung, die sich unter anderem mit der Frage befasst, ob Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland auch außerhalb des Strafrechts reguliert werden können. “Wichtig scheint es mir bei allen ethischen Kontroversen in der Gesellschaft, nicht zu polarisieren, sondern letztlich eine gute Empfehlung zu erarbeiten”, erklärte Woopen zur Arbeit in der Kommission.
Die Wissenschaftlerin ergänzte, dass sie sich auch männliche Experten in ihrem Gremium gewünscht hätte. Ihre Untergruppe bestehe ausschließlich aus Frauen. Schließlich sei im Falle einer Schwangerschaft “ein Kind entstanden, an dem auch ein Mann beteiligt war”.
Laut Paragraf 218 ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen, auch müssen zwischen Beratung und Abbruch mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Im Auftrag der Bundesregierung hat Ende März eine Kommission von 18 Fachleuten aus den Bereichen Medizin, Recht und Ethik die Arbeit aufgenommen. Das Gremium soll eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte mehrfach erklärt, sie sei der Meinung, dass die Abtreibungsfrage außerhalb des Strafrechts geregelt werden solle.