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Medienpolitischer Kampf in Lateinamerika betrifft nicht nur X

Um den Kurznachrichtendienst X ist in Lateinamerika ein Rechtsstreit entbrannt. Hinzu kommen Kürzungen für Medien, Beschimpfungen und KI-generierte Moderatoren, die von einer Diktatur nicht verhaftet werden können.

Der Streit zwischen dem Tech-Milliardär und Eigentümer von X (vormals Twitter), Elon Musk, und Alexandre de Moraes, Richter am Obersten Gerichtshof (STF) in Brasilien, beherrscht derzeit die medienpolitischen Schlagzeilen. Doch nicht nur in Brasilien tobt ein Kampf um den Mediensektor.

In Kolumbien beleidigt der linkspopulistische Präsident Gustavo Petro Journalistinnen als “Püppchen der Mafia”, in Argentinien will der radikal-marktliberale Präsident Javier Milei die staatlich finanzierten Medien am liebsten ganz auflösen. Und in Venezuela behelfen sich regierungskritische Medien mit KI-generierten Moderatoren, damit diese von der linksautokratischen Diktatur nicht verhaftet werden können.

In Brasilien geriet X ins Visier der Justiz, weil über meist rechtsextreme Profile und Bots “Fake News” verbreitet wurden. Diese richten sich gegen die Regierung des linksgerichteten Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Die Justiz wirft X vor, die Verbreitung, von “Fake News” nicht zu stoppen und damit die Demokratie auszuhöhlen. Richter de Moraes will diese Inhalte gelöscht sehen. Zudem sollen Nutzerdaten offengelegt werden. Doch X will dem nicht nachkommen, verweist auf die Privatsphäre der Nutzer und sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr. Musk gilt als Unterstützer von Lulas rechtspopulistischem Gegenspieler und Vorgänger Jair Bolsonaro.

Vergangene Woche ließ de Moraes den Kurznachrichtendienst sperren. Seit dem Wochenende ist X in Brasilien nur noch über Umwege erreichbar. Brasilien reiht sich damit ein in eine Reihe von Ländern wie China, Russland, Nordkorea oder Iran, in denen X durch staatliche Maßnahmen blockiert oder verboten ist.

Kritiker werfen der Linksregierung Lulas vor, kontrollieren zu wollen, was über die Regierung veröffentlicht wird und was nicht. Lulas Vorgänger Bolsonaro erreichte bislang über X 13 Millionen Follower; Lula kommt auf rund neun Millionen.

Nun hat sich ein mediales Duell zwischen de Moraes und Musk aufgebaut, das seinen nächsten Höhepunkt am 7. September erreichen könnte. Für diesen Tag planen sowohl die Regierung Lula als auch das Bolsonaro-Lager Veranstaltungen aus Anlass des Nationalfeiertages. Das Bolsonaro-Lager will gegen de Moraes mobilisieren. Laut lokalen Medienberichten hat Lula, der sich hinter die Blockade-Entscheidung von de Moraes gestellt hat, den Richter wiederum zu einer Veranstaltung eingeladen.

Doch nicht nur in Brasilien tobt ein Kampf um die Kontrolle der Medien. In Argentinien versucht Präsident Milei, die staatlich finanzierten Medien komplett abzuschaffen, weil diese den lange regierenden linksgerichteten Peronisten nahegestanden hätten: “Wir brauchen kein Propaganda-Ministerium”.

Die staatliche Nachrichtenagentur TELAM wurde geschlossen, weil sie laut offiziellen Angaben Millionenverluste produziert habe. Rund 700 Stellen gingen verloren. Unklar ist, wie es mit dem staatlichen Sender TV Publica weitergeht. Während Brasilien versucht, den privaten Mediensektor einzuschränken, geht Argentinien den gegenteiligen Weg und schränkt staatliche Medien ein.

In Kolumbien tobt bereits seit Monaten ein Streit zwischen dem linkspopulistischen Präsidenten Gustavo Petro und den nicht staatlichen Medien. Petro bezeichnete Journalistinnen jüngst als “Püppchen der Mafia”. Die Stiftung für Pressefreiheit (FLIP) forderte den Präsidenten auf, “stigmatisierende Aussagen” zu unterlassen; Journalistinnen warfen Petro Frauenfeindlichkeit vor.

In Venezuela ist derweil eine neue Stufe des Streites zwischen Staat und Medien erreicht. Dort greifen nicht staatlich kontrollierte Medien nach Verhaftungswellen gegen regierungskritische Journalisten nun auf KI-generierte Moderatoren zurück, die Nachrichten verlesen. Sie haben den Vorteil, dass sie von dem linksautokratischen Regime nicht verhaftet und vor Gericht gestellt werden können.