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«Wir halten an ihm fest»

Nach dem Tod des US-Bürgerrechtlers Martin Luther King am 4. April 1968 haben sich auch in Deutschland Kirchen und ihre Einrichtungen nach ihm benannt. Sie wollten ein Zeichen setzen für Gerechtigkeit und Frieden.

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Frankfurt a.M. (epd). Als Martin Luther King am 4. April 1968 in Memphis im US-Staat Tennessee durch die Kugeln eines weißen Rassisten niedergestreckt wurde, saß der Schock tief. Was wird nun aus dem Traum des schwarzen US-Bürgerrechtlers und Friedensnobelpreisträgers, dass die Menschen eines Tages geschwisterlich und in Frieden miteinander leben? Viele Kirchengemeinden – auch in Deutschland – setzten ein Zeichen, dass sie den Weg von «MLK» weitergehen wollten: Sie benannten Kirchen, Gemeindezentren und Kindertagesstätten nach dem Baptistenpastor, der mit friedlichem Protest statt mit Gewalt die Welt verändern wollte.

Tod als Aufbruchsignal

«Der Tod Martin Luther Kings war ein Aufbruchsignal für unsere Kirchengemeinde», erzählt Pastor Andreas Holzbauer von der evangelisch-lutherischen Martin-Luther-King-Kirchengemeinde im Hamburger Stadtviertel Steilshoop. Die Gemeinde und die Pastoren hätten 1968 bewusst den Namen des Bürgerrechtlers für ihre Kirche und das Gemeindezentrum gewählt, die in der Hochhaussiedlung zwischen 1968 und 1974 entstanden.

Die Namensgebung sollte «ein Ansporn für eine besondere Kirchenarbeit sein», sagt der Pastor. Diese stelle das Miteinander von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen und eine starke soziale Arbeit in dem Mittelpunkt. Martin Luther King (1929-1968) sei davon überzeugt gewesen, dass eine Kirche, die nur Sorge für das Seelenheil der Menschen trage, sich aber nicht um die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse kümmere, «schon vom Tod gezeichnet ist und nur auf den Tag des Begräbnisses wartet.» «MLK ist ein Vorbild», sagt Pastor Holzbauer, «wir halten an ihm fest.»

Auch das Martin-Luther-King-Haus der protestantischen Gedächtniskirchengemeinde in Speyer wurde 1968 errichtet. «Die Namensgebung soll an King und sein Eintreten für die schwarze Bürgerrechtsbewegung erinnern», sagt Dekan Markus Jäckle. Zudem habe Kings berühmte Rede «I have a dream» eine Rolle gespielt.

Darin hatte der Bürgerrechtler am 28. August 1963 zum Abschluss eines Protestmarschs nach Washington vor rund 250.000 Menschen gleiche Rechte für Schwarze und Weiße gefordert. Seiner Vision von einer gerechten, friedlichen Welt – dem Reich Gottes – seien Christen verpflichtet, sagt der Speyerer Dekan. Auch heute ist das Gemeindezentrum der Gedächtniskirchengemeinde ein Haus in diesem Geiste: Dort gibt es einen Treffpunkt für Flüchtlinge und Migranten, Mahlzeiten für Bedürftige, einen Partnerschaftskreis mit Gemeinden im Ausland.

Die baptistische Martin-Luther-King-Kirche in Stuttgart-Zuffenhausen ist eine weitere von vier Kirchen in Deutschland, die den Namen des nur 39 Jahre alt gewordenen Bürgerrechtlers trägt. Weitere gibt es in Berlin-Gropiusstadt und in Hürth bei Köln. Durch das soziale Engagement, etwa für Flüchtlinge, habe der Name Martin-Luther-King-Kirche in den vergangenen Jahren wieder eine neue Bedeutung gewonnen, sagt Pastor Volker Schmidt.

Viele protestantische Christen halten Martin Luther King als Reformer für bedeutsamer als seinen großen Namensgeber, sagt Jeffrey Myers aus Darmstadt. Anders als Reformator Martin Luther vor 500 Jahren habe der Bürgerrechtler gegenüber der staatlichen Gewalt eine kritische Haltung eingenommen, erklärt der aus den USA stammende Mitarbeiter im Büro für Kommunikationsprojekte der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau. Konsequente Gewaltlosigkeit, so habe King argumentiert, befreie nicht nur die Unterdrückten, sondern auch die Unterdrücker.

Die Anliegen des mutigen und unbequemen Kämpfers für die Bürgerrechte hätten nichts von ihrer Aktualität eingebüßt, sagt auch Christoph Picker, Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz in Landau. Noch immer würden Menschen diskriminiert. Martin Luther King, einer der ganz Großen der Christentumsgeschichte, erinnere daran, dass es sich lohne, zu kämpfen, sagt Picker: «Auch wenn man dabei aneckt.»