Kommenden Dienstag jährt sich der Todestag von Nelson Mandela zum zehnten Mal. Ich erinnere mich an die Übertragung der Trauerfeier für ihn. Im FNB-Stadion in Johannesburg hatten sich Zehntausende Südafrikanerinnen und Südafrikaner versammelt. Ja, sie betrauerten seinen Tod. Aber vor allem feierten sie in bunten Farben das Leben dieses Mannes.
Als Nelson Mandela aus dem Gefängnis kam, haben viele einen nach 27 Jahren Haft verbitterten alten Mann erwartet. Aber er strahlte die ganze Welt an mit seiner Lebensfreude. Er reichte Präsident le Clerc die Hand und trieb einen Prozess voran, der Südafrika von der Apartheid befreite. Es ist passend, dass Morgan Freeman in der Rolle Mandelas im Film „Invictus“ sagt: „Vergebung befreit die Seele. Sie nimmt Furcht. Deshalb ist sie so eine mächtige Waffe.“
Mandela wollte Versöhnung gestalten
Ich durfte Nelson Mandela dreimal erleben. Ob auf einer riesengroßen Bühne in Simbabwe 1998 oder im kleineren Kreis dort im Exekutivausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen und in der südafrikanischen Botschaft in Deutschland – jedes Mal sprang dieser Funke über, der deutlich machte: Hier ist ein freier Mensch, der vergeben hat. Mehr noch, jemand, der Versöhnung gestalten will. Denn Vergebung ist erst einmal ein einseitiger Akt. Versöhnung bedeutet mehr, sie will Beziehung ja wiederherstellen.
Nelson Mandela war ein Mann, der trotz seines Alters auf erstaunliche Weise jung wirkte, die ganze Welt geradezu anzustrahlen schien mit seiner Lebensfreude. Nach all den Demütigungen Versöhnung und nicht Rache anzustreben, Liebe zu den Menschen statt Hass zu zeigen, das bewegte alle! Nie habe ich Vergebung so real sichtbar wahrgenommen. Und ich denke, genau dafür haben Menschen in aller Welt Nelson Mandela geliebt und bewundert. Wohl gerade auch diejenigen, die sich selbst schuldig fühlten, weil Apartheid, Rassismus, Ungerechtigkeit sie privilegiert hatte. Er strahlte innere Freiheit aus, die weder Demütigung noch Haft hatten brechen können. Und damit setzte Mandela die Regeln von Hass und Gewalt, den Kreislauf der Rache schlicht außer Kraft.
Die Erinnerung an Nelson Mandela passt zum ersten Advent. Wir warten auf die Ankunft des Friedefürsten, der die Völker der Welt versöhnen wird. Gerade in diesen Tagen hat es die Hoffnung auf Versöhnung schwer, auch für Christen. Die Erinnerung an Nelsen Mandela ermutigt uns, die Friedensbotschaft und die Hoffnung weiterzugeben, von der jene alte Geschichte im Lukasevangelium erzählt.