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Mannheimer Technoseum zeigt 100 Jahre Rundfunkgeschichte

Vom Volksempfänger zum Digitalradio: Mit dem Fokus auf die Technik von Medienmachern und Mediennutzern blickt das Landestechnikmuseum in Mannheim auf 100 Jahre Rundfunk in Deutschland.

Die BBC in Großbritannien und Pioniere in den USA waren etwas schneller. Aber im Oktober 1923 zog Deutschland nach: Mit den Worten “Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus” nahm der erste offizielle Radiosender seinen Betrieb auf. Der Startschuss für den Siegeszug des Rundfunks.

“Als erstes wurde das neue Medium für die Übertragung von Informationen und Sprache per Funk vor allem vom Militär und bei der Seefahrt genutzt”, erklärt Ausstellungsmacherin Anke Keller. Historische Fotos und Funkempfänger illustrieren dies in der Mannheimer Schau, die noch bis zum 12. November läuft. Die Reichweite der frühen Funksendeanlagen war enorm. Schon 1906 sendete die Großfunkstelle Berlin bis in die damalige deutsche Kolonie Togo.

Das Landestechnikmuseum hat für die Schau “Auf Empfang!” rund 400 Objekte zur Rundfunkgeschichte zusammengetragen. Ein Schwerpunkt liegt auf den Empfangsgeräten: frühe Röhrenradios, die unter den Nationalsolisten produzierten Volksempfänger, Schrankfernseher der 1970er Jahre.

Technikfans können sich in Details der Funktionsweisen früher Mikrofone vertiefen. Und erfahren beispielsweise, dass die erste Sprachübertragung 1906 mit einem Lichtbogensender gelang. Großes Augenmerk legt die Schau auf junge Gäste. An Mitmachstationen kann eine Radio- oder Fernsehmoderation geprobt werden. Ein Film wartet auf Vertonung. Spielerisch per Escape-Room-Rätsel können Besucherinnen und Besucher Kriterien für verlässlichen Journalismus herausfinden.

“Medienkompetenz ist ein immer wichtigeres Thema, weil in der digitalen Medienrevolution viele Infoquellen nicht mehr von unabhängigen Journalisten stammen”, sagt Vize-Museumschef Jens Bortloff. “Die Verantwortung für Einordnung und Aufdecken von ‘Fake News’ liegt damit immer häufiger in der Verantwortung jedes einzelnen Mediennutzers.”

Unterhaltsam sind die bunten Vitrinen zur deutschen Fernsehgeschichte: Der rosa Bademantel von Mutter Beimer aus der ersten deutschen Langzeitserie “Lindenstraße” hängt neben dem grünen Pullover von Christoph aus der “Sendung mit der Maus”. Am Regiepult des Regionalsenders Rhein-Neckar-Fernsehen erklären Museumsexperten, wie eine moderne TV-Sendung produziert wird.

Ein eigenes Kapitel beleuchtet die Instrumentalisierung der Medien durch die Nationalsozialisten. Der Rundfunk in Deutschland war 1931 verstaatlicht worden. Die NS-Strategen zwangen Sender und Programme unter die Kontrolle ihres Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda. Dessen Etat speiste sich wesentlich aus den schon damals fälligen Rundfunkgebühren von zwei Reichsmark pro Hörer. Und wegen der von den Nationalsozialisten preisgünstig auf den Markt gebrachten Volksempfänger hatten erstmals weite Teile der Bevölkerung ein Radio zu Hause.

1936 waren die für die NS-Propaganda missbrauchten Olympischen Spiele dann das erste live im Fernsehen übertragene Sportereignis. “Wir wollen auch erklären, dass der gebührenfinanzierte, staatsferne öffentliche Rundfunk nach 1945 eine bewusste Reaktion auf die NS-Katastrophe war”, betont Kuratorin Keller. Der letzte Berliner Sender des großdeutschen Rundfunks stellte seine Durchhalteparolen erst am 13. Mai 1945 ein.