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Mahnwache gegen Abtreibung “stigmatisiert” Ratsuchende

Mahnwachen von Abtreibungsgegnern in unmittelbarer Nähe von Beratungsstellen sollen verboten werden. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und pro familia begrüßten am Dienstag in Pforzheim einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundeskabinetts. Vor der dortigen Beratungsstelle demonstrieren seit 14. Februar Abtreibungsgegner täglich zwischen neun und elf Uhr.

Die sogenannten Gehsteigbelästigungen beeinträchtigten nicht nur Schwangere, sondern auch andere Ratsuchende, kritisierten Vertreterinnen des Wohlfahrtsverbands. Von rund 3.000 Beratungen jährlich bei pro familia Pforzheim seien 80 Prozent einkommensarme Familien. Sie benötigten Hilfe wegen Schulden, drohender Wohnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder Partnerschaftskonflikten, hieß es.

Deren Alltag sei bereits von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung geprägt. Sie fühlten sich von den Teilnehmern der Mahnwachen „stigmatisiert und unter Generalverdacht gestellt“, kritisierte Uta-Micaela Dürig, Vorständin Sozialpolitik des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg. Einige Ratsuchende kämen deshalb gar nicht erst oder kehrten wieder um.

Auch für die etwa 60 Mitarbeitenden sei die Situation sehr belastend, sagte Edith Münch, Geschäftsführerin von pro familia Pforzheim. Sie fühlten sich in ihrer Beratungstätigkeit stark eingeschränkt durch die Mahnwachen, die seit sieben Jahren an 60 Tagen pro Jahr auf der gegenüberliegenden Straßenseite stattfänden. „Wir haben der Gruppe immer wieder Gesprächsangebote gemacht“, sagte sie. Dies sei jedoch abgelehnt worden.

Wenig Verständnis hat Münch für Äußerungen mancher Politiker nach dem Motto, das müssten Beraterinnen aushalten. Sie begrüßte die in dem Gesetzentwurf formulierte Abstandregelung von 100 Metern. In diesem Bereich dürften Schwangere und Mitarbeitende von Beratungsstellen, Kliniken oder Arztpraxen nicht am Betreten der Gebäude gehindert oder gegen ihren Willen angesprochen werden.

Damit soll erreicht werden, dass Frauen ungehindert eine Schwangerschaftskonfliktberatung in Anspruch nehmen können und ungehinderten Zugang haben zu Praxen, die Abbrüche vornehmen. Verstöße sollen mit bis zu 5.000 Euro Bußgeld sanktioniert werden. Der Gesetzentwurf muss noch im Bundestag beraten werden.

Abtreibungen sind im Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches geregelt, wonach sie zwar grundsätzlich verboten sind, nach vorheriger Beratung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aber ohne Strafe bleiben. (0379/20.02.2024)