Das Department Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) plant eine wissenschaftliche Studie zu „Sexualisierter Gewalt an Minderjährigen im Kontext der katholischen Kirche im Bistum Augsburg“. Im Mittelpunkt sollen Betroffene stehen, teilte die Universität am Mittwoch mit. Die Studie beabsichtige nicht nur die Auswirkungen sexualisierter Gewalt im Leben der Betroffenen zu untersuchen, sondern auch Auswirkungen auf deren Familien in den Blick zu nehmen.
Das Forschungsprojekt sei von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission und dem Unabhängigen Betroffenenbeirat im Bistum Augsburg initiiert worden und werde von ihnen begleitet. Aufbauend auf anderen bisher in Deutschland durchgeführten Studien werde der Fokus in besonderem Maß auf den Sichtweisen, Erfahrungen und der psychischen Gesundheit der Betroffenen und ihrer Angehörigen liegen. Das Untersuchungsdesign folge dabei einem partizipativen Ansatz. Betroffene, vertreten durch den Betroffenenbeirat, haben die Studie gemeinsam mit den Forschenden entwickelt.
Die Diözese Augsburg begrüßte am Mittwoch das Vorhaben. Sie finanziert über eine Zuwendungsvereinbarung mit der LMU München die Studie über einen Zeitraum von zwei Jahren, wobei laut Mitteilung keine Mittel der Kirchensteuer verwendet werden. Der katholische Augsburger Bischof Bertram Meier bezeichnete den Ansatz der Studie als „gutes Beispiel wirklicher Partizipation“. Die gewonnenen Ergebnisse sollen unabhängig davon, wie sie ausfallen, frei zugänglich veröffentlicht werden.
Die Durchführung erfolgt laut LMU durch ein unabhängiges Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Abteilung „Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters & Beratungspsychologie“. Neben Interviews mit Betroffenen und ihnen nahestehenden Personen sollen die Erkenntnisse in einem zweiten Teil durch eine Online-Befragung ergänzt werden. Durch diese anonyme Befragung im Internet könnten auch Betroffene erreicht werden, die nicht an persönlichen Interviews teilnehmen möchten oder sich vielleicht bisher noch niemandem anvertraut haben.
Angesprochen seien durch das Forschungsprojekt alle Personen, die im Bistum Augsburg in ihrer Kindheit oder Jugend (bis 21 Jahre) irgendeine Form von sexueller Belästigung, Missbrauch oder Gewalt im kirchlichen Umfeld oder durch Geistliche, Ordensleute oder Laien in der Gemeinde erfahren haben, unabhängig von der Schwere, wie lange die Erfahrung zurückliegt und ob sie bisher darüber gesprochen haben. Mit den ersten Interviews soll noch in diesem Jahr begonnen werden. (00/3730/15.11.2023)