Nach jahrelangem Streit über eine staatliche Förderung legt die Union progressiver Juden nun Verfassungsbeschwerde ein. Sie beklagt eine Ungleichbehandlung – und sieht zwei Möglichkeiten, diese zu beenden.
Mit einer Verfassungsbeschwerde will die Union progressiver Juden (UpJ) durchsetzen, dass sie wie auch der Zentralrat der Juden in Deutschland öffentliche Gelder über einen eigenen Staatsvertrag erhält. Eine Alternative wäre aus Sicht der UpJ, eine Ergänzung in den bestehenden Staatsvertrag einzufügen, der regelt, “dass und in welcher Höhe der Zentralrat der Juden einen Teil der staatlichen Mittel” an die UpJ weiterleiten muss, wie es in der Verfassungsbeschwerde heißt.
Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts bestätigte am Dienstag den Eingang der Beschwerde. Der Text liegt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor. Zuerst hatte die “Legal Tribune Online” darüber berichtet.
Die UpJ, die liberale Gemeinden vertritt, kritisiert seit Jahren eine Ungleichbehandlung. Bisher leitet der Zentralrat einen Teil der Fördergelder, die er über den Staatsvertrag bekommt, an die UpJ weiter. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung das Volumen des Vertrags von 13 auf 22 Millionen Euro pro Jahr erhöht.
Nach Angaben der UpJ soll diese davon 189.000 Euro für das laufende Jahr erhalten, was aus ihrer Sicht zu wenig ist. Die Gemeinden unter dem Dach des Zentralrats der Juden haben nach offiziellen Angaben rund 95.000 Mitglieder. Zur UpJ gehören nach eigenen Angaben bundesweit 19 jüdische Gemeinden mit etwa 4.000 Mitgliedern.
“Die im Zentralrat der Juden organisierten Einheitsgemeinden sind überwiegend orthodox und haben liberale Juden in der Vergangenheit ausgegrenzt”, heißt es in der Verfassungsbeschwerde. Der Zentralrat selbst sieht sich als Vertreter eines vielfältigen jüdischen Lebens. Im vergangenen Jahr hatte sich unter seinem Dach ein neuer Verband für liberale jüdische Gemeinden und Gruppierungen, der Jüdische Liberal-Egalitäre Verband (JLEV), gegründet. Hintergrund waren innerjüdische Streitigkeiten.
Sowohl der Zentralrat als auch die UpJ sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und haben damit als einzige bundesweit tätige jüdische Organisationen diesen Status. Daher möchte die UpJ als Vertreterin der liberalen Strömung ebenso wie der Zentralrat gefördert werden. Ein solcher Teilhabeanspruch folge “nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus einer Gesamtschau der religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben”, heißt es in der Verfassungsbeschwerde. Die UpJ kritisiert insgesamt ein Abhängigkeitsverhältnis vom Zentralrat. Dieser wollte sich zu der Verfassungsbeschwerde auf Anfrage zunächst nicht äußern.