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Theologe Kuschnerus verteidigt Kirchensteuer als solidarisches Konzept

Das deutsche Modell der Kirchensteuer sieht der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, als wichtigen Baustein der Demokratie.

Theologe Bernd Kuschnerus: "Geben, damit andere etwas davon haben" - das ist der Grundsatz kirchlicher Arbeit
Theologe Bernd Kuschnerus: "Geben, damit andere etwas davon haben" - das ist der Grundsatz kirchlicher Arbeitepd-bild / Hannes von der Fecht

Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, sieht das deutsche Modell der Kirchensteuer als solidarisches Konzept der Finanzierung, das die Demokratie stärkt. „Geben, damit andere etwas davon haben – das ist der Grundsatz kirchlicher Arbeit, ganz nach dem biblischen Wort ‘einer trage des anderen Last’“, sagte Kuschnerus dem Evangelischen Pressedienst (epd) und warnte: „Das ist eine großartige kulturelle Leistung, die gefährdet wäre, wenn das Geld wegbricht.“

„Viele gemeinwesenorientierte Projekte in den Stadtteilen und den Quartieren, besonders da, wo ärmere Menschen wohnen, hängen von einer verlässlichen Finanzierung durch die Kirchensteuer ab“, verdeutlichte der Schriftführer der bremischen Kirche. Dabei gehe es um konkrete Hilfen, angefangen beim warmen Essen bis hin zu Begegnungen mit Herzenswärme. „Das stärkt die Menschen, das Gemeinwesen – und letztlich unsere Demokratie.“

Wegfall der Kirchensteuer würde Gemeindearbeit treffen

Wer der evangelischen oder der katholischen Kirche angehört und auf seine Einkünfte Steuern zahlt, muss in Deutschland nach dem derzeit geltendem Recht auch Kirchensteuer bezahlen. Sie wird von den Finanzämtern eingezogen, die für den Verwaltungsaufwand je nach Bundesland zwischen zwei und vier Prozent der Einnahmen erhalten. Kuschnerus sagte, wenn es die Steuer in der jetzt bekannten Form nicht mehr geben würde, hätte die Kirche sehr viel weniger Personal und sehr viel weniger Gemeinden.

„Sie könnte ihre gesellschaftlichen und diakonischen Aufgaben nicht mehr wie bisher wahrnehmen. Und sie hätte Schwierigkeiten, das jetzt funktionierende Solidaritätsprinzip zwischen reicheren und ärmeren Gemeinden durchzuhalten“, ergänzte der leitende Theologe. Eine von der öffentlichen Hand erhobene Kultursteuer wie etwa in Italien sieht er nicht als Alternative. „Das wäre eine Staatsleistung. Ich sehe nicht, dass eine solche Kultursteuer in Deutschland eine realistische Chance hätte. Wir haben hier eher die Tendenz, Staat und Kirche noch weiter voneinander zu trennen.“

Kuschnerus: Kein Befürworter einer Kultursteuer

Bei einer Mandats- oder Kultursteuer wie in Italien oder Spanien müssen alle Bürger eine Steuer zahlen, können sich aber aussuchen, ob ihr Geld an eine Religionsgemeinschaft oder eine soziale Organisation fließt. Kuschnerus prognostizierte, mit einer solchen Kultursteuer würden die kirchlichen Steuereinnahmen einbrechen – mit direkten Folgen für die Angebote von Gemeinden, Werken und Einrichtungen: „In der Bremischen Evangelischen Kirche zum Beispiel haben wir derzeit ein Kirchensteuer-Volumen von 60 Millionen Euro im Haushalt, dann wären es vielleicht noch sechs Millionen Euro.“