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Lehrerverband: Migranten-Obergrenze in Schulklassen problematisch

Schulklassen mit 90 Prozent Migrantenanteil gibt es, etwa in Berlin. Das Deutsch-Lernen ist dort schwierig. Der Lehrerverband findet: Eine Migranten-Obergrenze sei eine “Ideal-Idee” – aber schwer zu realisieren.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, sieht die Umsetzung einer Migranten-Obergrenze in Schulklassen kritisch. “Das ist eine Ideal-Idee, die an sich einleuchtet. Aber die Umsetzung bringt verschiedene Probleme mit sich”, sagte Düll am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

“Wenn in einer Klasse die Zahl der Kinder, die kein Deutsch als Muttersprache haben oder die Deutsch nur sehr unvollkommen beherrschen, 90 Prozent beträgt, dann fehlt das Lernen am Modell”, erklärte der Schulleiter. “Dann wird es schwer, dass die Kinder Deutsch außerhalb des Unterrichts überhaupt benutzen, die sprechen auf dem Schulhof trotzdem in ihrer Muttersprache.” Eine bessere Durchmischung der Klassen mit deutlich niedrigerem Migranten-Anteil biete also große Vorteile.

Dies sei aber nicht einfach zu bewerkstelligen. In seiner Heimatstadt Augsburg etwa habe knapp die Hälfte der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. “Wo sollen denn die Kinder herkommen, die für die Durchmischung sorgen?”, so Düll. Zudem sei es auch aus pädagogischer Sicht ratsam, wenn Kinder in ihrem Bezirk eingeschult würden und den Schulweg zusammen machen könnten.

Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte mit Blick auf Dänemark in einem Interview mit dem Sender “Welt TV” erklärt, eine Obergrenze für Migranten in Schulklassen sei für sie auch in Deutschland ein denkbares Modell. Es gebe aber auch andere gut funktionierende Modelle. Entscheidend sei, dass die Kinder Deutsch könnten, wenn sie in die Schule kämen. Prien hatte sich zudem unlängst für verpflichtende Sprachtests für Vierjährige ausgesprochen.

Auch Düll erklärte, man müsse mit der Sprachförderung bereits im Kita-Alter ansetzen. “Im Idealfall bringen die Kinder schon gute Deutschkenntnisse aus dem Kindergarten mit, wenn sie in die Schule kommen. Oder sie machen ein extra Jahr an der Grundschule, um dort Deutsch zu lernen”, sagte er. Der Deutsche Lehrerverband fordere seit langem verpflichtende Sprachtests vor der Einschulung. Düll verwies auf Hamburg, wo dies bereits umgesetzt werde. “Die Ressourcen und das Personal mögen knapp sein. Aber Hauptsache, wir fangen jetzt endlich damit an”, sagte er.

Momentan mangele es selbst an den weiterführenden Schulen am Grundwortschatz. Wörter wie “Gebüsch” oder “Hecke” seien teilweise unbekannt. “Es reicht nicht, ein bisschen Deutsch zu können, sondern man muss Deutsch auf bildungssprachlichem Niveau lernen”, mahnte der Gymnasiallehrer. Zudem seien sehr gute Sprachkenntnisse auch für die Vermittlung von Werten unerlässlich.

Schulbildung und Kitas sind in Deutschland Sache der Bundesländer; der Bund kann keine einheitlichen Regeln für Migrationsobergrenzen in Schulklassen oder für verbindliche Sprachtests vorschreiben. Umgesetzt werden kann das nur einzeln in den Ländern oder wenn diese sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen.