Bei der zentralen Gedenkfeier des Landes Rheinland-Pfalz zum 80. Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz hat Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) vor „erschreckenden Parallelen“ zwischen dem Aufstieg der Nationalsozialisten und der Gegenwart gewarnt. 1933 habe die Zerstörung der Demokratie nicht länger als ein Jahresurlaub gedauert, sagte er am Montag bei einer Sondersitzung des rheinland-pfälzischen Landtags in der Mainzer Synagoge: „So begann es damals, und so kann es wieder beginnen.“ Die Zivilgesellschaft müsse sich dem aktuellen Rechtsruck entgegenstellen, forderte er.
Hering erinnerte daran, dass die Untaten der NS-Herrschaft nicht von einer kleinen Clique von Verbrechern begangen worden sei. Ohne Polizisten, Richter, Lokführer und viele andere, normale Menschen wären die Gräuel nicht möglich gewesen. Beispielhaft erinnerte Hering an einen Ingenieur aus der Pfalz, der die Krematorien des Vernichtungslagers Auschwitz konstruiert hatte.
Auch 1945 sei der Hass auf Juden und andere Opfergruppen in Deutschland nicht verschwunden, sondern lediglich übertüncht worden. Der Gedanke, dass Juden in Deutschland sich erneut fürchteten, ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben zu verbergen, sei für ihn unerträglich, sagte Hering: „Eine Demokratie, in der sich Minderheiten bedroht fühlen, ist keine.“
Der 27. Januar ist seit 1996 in der Bundesrepublik offizieller Gedenktag für die Opfer der NS-Herrschaft. Am 27. Januar 1945 waren die überlebenden Häftlinge des Vernichtungslagers Auschwitz von Soldaten der sowjetischen Roten Armee befreit worden. Der Landtag von Rheinland-Pfalz kommt seit 1998 am Jahrestag der Befreiung zu einer Sondersitzung zusammen.