Hannover. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat zu einer intensiven Aufarbeitung von Missbrauchsfällen auch in der evangelischen Kirche aufgerufen. Diese Taten in beiden großen Kirchen hätten "einen Vertrauensverlust herbeigeführt, dessen Ausmaß menschlich kaum gefasst werden kann", sagte Meister vor der Landessynode in Hannover. "Wir stehen als Kirche und als Christen in Scham und Schuld." Das evangelische Kirchenparlament debattierte zugleich über den Doppelhaushalt für die beiden nächsten Jahr und über einen neuen Verfassungsentwurf.
Mit Blick auf die Missbrauchsfälle forderte Meister, dass die Kirchen mit unabhängiger Unterstützung nach den Ursachen forschen müssten, die diese "furchtbaren Straftaten" begünstigt hätten. Die katholische Kirche hatte im September eine Studie zu den Missbrauchsfällen in ihren Reihen vorgestellt. Aus den evangelischen Kirchen in Niedersachsen sind bislang mehr als 130 Fälle von sexuellem Missbrauch seit 1950 bekannt.
Allein 119 Fälle ereigneten sich in der hannoverschen Landeskirche, vor allem in Heimen der Diakonie in der Nachkriegszeit. "Die Täter und Täterinnen haben nicht nur die Opfer schwer geschädigt", betonte Meister. "Sie haben auch eine Kultur des Misstrauens in unserer Gesellschaft gesät, die noch nach Jahrzehnten furchtbare Blüten in unserem Land hervorbringen wird."
Beratung über Haushalt
Die Synode beriet zudem über den Haushalt für die beiden nächsten Jahre, der in Einnahmen und Ausgaben bei jeweils rund 640 Millionen Euro liegt. Finanzchef Rolf Krämer freute sich vor allem über Zuwächse bei der Kirchensteuer: "Wir werden in diesem Jahr wahrscheinlich 588 Millionen Euro aus der Kirchensteuer einnehmen." Das seien rund 22 Millionen mehr als 2017. Ab 2023 werde der finanzielle Spielraum jedoch wieder enger.
Im kommenden Jahr sind 68 Prozent der Ausgaben für die Gemeinden vor Ort bestimmt. Einer der größten Posten sind die 1.572 Pfarrstellen mit 196,2 Millionen Euro. In beiden Jahren sind insgesamt 52 Millionen Euro für die 662 Kindertagesstätten der Landeskirche vorgesehen.
Zuvor hatte die Synode über die neue, grundlegend überarbeitete Kirchenverfassung beraten, die 2020 die bisherige Verfassung aus dem Jahr 1965 ersetzen soll. Unter anderem haben die Autoren nach mehr als vierjähriger Diskussion den Artikel über die enge Verbindung der Kirche zum Judentum neu gefasst. Darin wird nun betont, die Landeskirche trete jeder Form von Judenfeindlichkeit entgegen.