Künstliche Intelligenz (KI) wird auch in der Medizin immer wichtiger. “Sie hat das Potenzial, die Patientenbehandlung zu revolutionieren, die Effizienz im Gesundheitswesen zu steigern und die medizinische Forschung voranzutreiben”, sagte Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt am Donnerstag in Berlin bei einer Expertentagung. Zugleich gibt es noch zahlreiche rechtliche und ethische Fragen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Themenfelder.
Warum wird Künstliche Intelligenz in der Medizin so wichtig?
Zwei große Entwicklungen treiben den medizinischen Fortschritt derzeit voran: Zum einen gibt es in der Biologie eine Art Datenexplosion, da das Verständnis über die Funktion der menschlichen Zelle wächst. Zum anderen sind inzwischen technische Geräte und so viel Rechenleistung vorhanden, dass Künstliche Intelligenz riesige Datenmengen erheben, kombinieren und analysieren kann.
Wie kommt Künstliche Intelligenz beim einzelnen Bürger an?
Gesundheits-Apps und Smart Wearables, die beispielsweise Puls und Blutdruck messen oder die täglichen Schritte zählen, sind für viele Menschen bereits Teil des Alltags. Sie befähigen Patientinnen und Patienten, die eigenen Gesundheitsdaten zu erheben und ihr Leben danach auszurichten. So können solche Alltagshelfer etwa frühzeitig vor Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen warnen. Sensoren und Alarmsysteme können Senioren ein längeres Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. In der Zukunft kann digitale Medizin auch bei der Nachsorge und Therapie zu Hause begleiten – etwa durch Videosprechstunden oder durch Übermittlung von Körperdaten an die behandelnden Ärzte.
Auch Krankenhäuser und stationäre Einrichtungen können von der Digitalisierung profitieren. Was gibt es da bereits an organisatorischen Hilfen?
In Kliniken, Krankenhäusern und Arztpraxen kann Künstliche Intelligenz das Personal bei Routineaufgaben wie Dokumentation, Abrechnung und Terminplanung unterstützen. So soll die elektronische Patientenakte die alte Zettelwirtschaft beenden und alle Patientendaten, die bislang an verschiedenen Orten wie Praxen und Krankenhäusern abgelegt wurden, digital zusammentragen, darunter Röntgenbilder, Arztbriefe, Befunde oder Medikationspläne, aber auch der Impfausweis, der Mutterpass, das Zahnbonusheft oder die Patientenverfügung. Damit sollen Doppeluntersuchungen vermieden und Zeit gespart werden. Auch in der Pflege sollen elektronische Datenverarbeitungssysteme Bürokratie vermindern und Pflegekräfte bei Routineaufgaben unterstützen.
Kann KI auch die medizinische Behandlung verbessern?
Weil immer mehr Gesundheitsdaten zur Verfügung stehen, kann intelligente Software etwa zur Früherkennung von Krankheiten oder zu personalisierten Krebstherapien beitragen. Forschungsprojekte zeigen etwa, dass Künstliche Intelligenz etwa bei der Erkennung von schwarzem Hautkrebs sehr gute Ergebnisse liefern kann – teilweise sogar bessere Ergebnisse als die Mediziner selber. Auch Chirurgen werden zunehmend von KI-gesteuerten Systemen unterstützt, die präzisere und schonendere Eingriffe ermöglichen.
Auch die Forschung hofft auf große Fortschritte durch Künstliche Intelligenz. Warum?
Durch die Analyse großer Datenmengen können Computer etwa frühzeitig Muster von Krankheiten erkennen. Ob ein Mensch einmal krankhaftes Übergewicht entwickeln wird, lässt sich aus den Gesundheitsdaten von Zweijährigen auslesen. Künstliche Intelligenz hilft auch bei der Entwicklung neuer Therapien und Wirkstoffe: Pharmazeutische Unternehmen haben Bibliotheken mit vielen Millionen potenzieller Wirkstoffe, die sie bei der Entwicklung einer neuen Arznei screenen. Künstliche Intelligenz beschleunigt diese Suche enorm. Neue Therapien oder Wirkstoffe können auch am Rechen-Modell überprüft werden. Damit rückt auch eine individuellere Behandlung bei vielen Krankheiten näher.
Die Sammlung großer Datenmengen weckt aber nicht nur Begeisterung. Was steckt hinter den Bedenken?
Konkret geht es dabei etwa um den Datenschutz, den Schutz der Privatsphäre und die Frage, wer von der Erhebung individueller Gesundheitsdaten profitiert, auch wirtschaftlich. Persönliche Gesundheitsdaten sind sehr sensibel: Arbeitgeber oder Kranken- und Lebensversicherungen könnten bei Bekanntwerden von Krankheitsrisiken betroffene Menschen benachteiligen.
Es gibt auch ethische Bedenken. Welche?
Beim Einsatz von KI stellt sich beispielsweise die Frage, wer Entscheidungen trifft: die Maschine oder der Mensch? Ist es ethisch, in sensiblen Fragen nach Leben und Tod auf eine Maschine zu hören? Wie kann künstliche Intelligenz programmiert werden, damit die Technik stets dem Menschen dient – und nicht etwa andersherum? Ethiker und Theologen fordern, dass KI im Gesundheitswesen nur als digitaler Helfer wirken darf. Die gültige Entscheidung über Diagnose und eine etwaige Therapie müsse weiterhin der Mensch, in diesem Fall der Arzt, treffen. Auch dürften automatisierte Systeme nicht die individuelle, persönliche Zuwendung ersetzen.