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Kritik an Experten-Aussage zur Menschenwürde von Embryos

Im vergangenen Monat legte eine Kommission zur Abtreibungsfrage ihre Empfehlungen vor. Zwei Mitglieder stellen sich der Kritik einer Juristin und eines Theologen.

Die Juristin Katarina Weilert und der katholische Moraltheologe Franz-Josef Bormann haben die Empfehlungen der von der Regierung eingesetzten Kommission zur möglichen Neuregelung der Abtreibungsfrage kritisiert. Weilert betonte am Mittwoch in Berlin, mit dem gestuften Lebensschutzkonzept werde dem Embryo zumindest in der Frühphase die Menschenwürde abgesprochen. Ein Konflikt, wie er bei einer ungewollten Schwangerschaftskonflikt vorliege, könne nicht einseitig aufgelöst werden.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt in ihrem Abschlussdokument, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen völlig freizustellen. Derzeit ist eine Abtreibung in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau sich zuvor beraten lässt. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Bormann betonte bei der Veranstaltung in der Katholischen Akademie, die Kommission verschleiere einen Konflikt zwischen den Werten des Ungeborenen und der Selbstbestimmung der ungewollt Schwangeren. Notwendig sei auch die Frage, ob alles getan worden sei, um die Not von Schwangeren zu lindern. Eine grundsätzliche strafrechtliche Missbilligung sei unverzichtbar und verfassungsrechtlich geboten, so Bormann. Er sprach sich dafür aus, den derzeitigen Rechtsrahmen nicht zu verändern. Der prekäre Schutzstatus des ungeborenen Lebens solle nicht noch weiter geschwächt werden.

Zugleich betonte er, dass der Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung “keine kluge Entscheidung” gewesen sei. Das sei kein guter Dienst gewesen. Ein effizienter Lebensschutz dürfe nicht nur verbal eingefordert werden, sondern müsse auch durch seelsorgliche Begleitung und Unterstützung konkret vorgelebt werden. Die Chancen, damit ungewollt Schwangere in prekären Situationen zu erreichen, seien mit der damaligen Entscheidung “nicht verbessert worden”. Die katholische Kirche ist vor 25 Jahren nach einer Aufforderung von Papst Johannes Paul II. aus der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen, weil dort Beratungsscheine ausgestellt werden.

Die Juristinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Liane Wörner, die in der Kommission vertreten waren, verteidigten die Empfehlungen. Brosius-Gersdorf betonte, es sei für die Kommission nicht Kernfrage gewesen, ob und ab welchem Zeitpunkt der Embryo eine Menschenwürde habe. Die Frage werde in dem Bericht letztlich offengelassen.

Wörner betonte, die Mitglieder der Kommission hätten sich letztlich die Frage gestellt, wie die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche reduziert werden könne. Mit dem Strafrecht sei das offenbar nicht gelungen. Es gehe im wesentlichen darum, wie die Versorgungslage von Frauen verbessert werden könne. Dazu müssten etwa Verhütungsmittel kostenlos sein, und die Versorgungslage für ungewollt Schwangere müsse verbessert werden. Es gehe auch nicht um einen “Mutter-Kinder-Konflikt”, als der eine ungewollte Schwangerschaft oft bezeichnet werde, sondern darum, ob sich eine Person die Verantwortung für ein Menschenleben zutraue oder nicht.