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Krankenhäuser: Reform droht auf Kosten der Patienten zu gehen

Die Kliniken sehen sich finanziell überfordert. Sie verlangen von der Politik umgehend Mittel. Laut einer Umfrage könnte sich die Versorgung ansonsten drastisch verschlechtern.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat vor einer Insolvenzwelle von Einrichtungen zu Lasten der Patientenversorgung gewarnt. Der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß appellierte am Donnerstag in Berlin an Bund und Länder, umgehend eine Übergangsfinanzierung bereit zu stellen, da positive Auswirkungen der Reform frühesten 2030 zu erwarten seien. Notwendig sei ein rückwirkender Inflationsausgleich für 2024. Der geplante Transformationsfonds ab 2025 komme zu spät.

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Strukturreform sieht unter anderem vor, die Versorgung stärker in bestimmen Krankenhäusern konzentrieren.

Die DKG sperre sich nicht gegen die Krankenhausreform, so Gaß. Dazu brauche es aber mehr Mittel, mehr Zeit und einen Plan, der die gesamten Versorgungsstrukturen einbeziehe. Die Insolvenzen seien nur die Spitze des Eisbergs, so der DKG-Vorsitzende. Bei einem derzeitigen monatlichen Gesamtdefizit von 500 Millionen Euro müssten sich viele Krankenhäuser verschulden oder die Kommunen müssten dies ausgleichen. In einer aktuellen Umfrage hätten von 500 Krankenhäusern zwei Drittel angegeben, es drohe eine schlechtere oder eine viel schlechtere Versorgung. Die Hälfte von ihnen sähen sich zu drastischen Maßnahmen gezwungen. Sie müssten etwa Stellen streichen, Stationen schließen oder Wartelisten einführen.

Nach den Worten von Gaß wäre bei einer planvollen Veränderung im Laufe von zehn Jahren eine Reduzierung von 20 Prozent der Standorte ohne Versorgungseinbrüche möglich. Dabei müssten zugleich die Rettungsdienste oder die ambulante Pflege einbezogen werden.

Nach Angaben des Geschäftsführers der Marienhaus-Gruppe, Sebastian Spottke, leiden die Krankenhäuser in der Regelversorgung schon seit Jahren unter Defiziten. Als Grund nannte er auch den Patientenrückgang nach der Corona-Pandemie, da die Krankenhäuser derzeit noch nach Fallpauschalen vergütet werden. Als weitere Probleme nannte er einen Mangel an Fachpersonal und den Rückgang an niedergelassenen Ärzte.

Die Pflegedirektorin im Waldkrankenhaus Spandau, Andrea Lemke, warnte vor der Schließung von Ausbildungsstrukturen in der Pflege. Zudem könne das Personal bei der Schließung von Krankenhäusern auf dem Land nicht einfach in weiter weg liegende Krankenhäuser wechseln. Sie verlangte vor allem einen Abbau von Bürokratie. Mit der Hälfte an Bürokratie könnten statistisch Zehntausende Ärzte- und Pflegestellen frei werden. Deshalb müsse jede einzelne Melde- und Nachweispflicht auf den Prüfstand. Scharfe Kritik äußerte sie am Transparenzgesetz, das die Leistung der Krankenhäuser öffentlich machen soll. Dies sei “Brandbeschleuniger” für noch mehr Bürokratie, zumal die meisten Daten bereits vorhanden seien.