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Kölner Mottowagen zu sexualisierter Gewalt bleibt im Rosenmontagszug

Die Persiflagewagen des Kölner Rosenmontagszugs nehmen die neue US-Regierung, Asylpolitik, AfD-Strategien und sexualisierte Gewalt in der Kirche aufs Korn. Die Mottowagen, die am Dienstag in der Kölner Wagenbauhalle vom Festkomitee Kölner Karneval vorgestellt wurden, zeigen etwa US-Präsident Donald Trump, der die Freiheitsstatue und Justitia an die Leine nimmt. Der Tech-Milliardär Elon Musk wippt auf einem offenbar zum Hitlergruß ausgestreckten Arm und befördert damit die AfD in die Höhe. Ein Wagen zu sexualisierter Gewalt in der Kirche bleibt trotz Kritik Teil des Zugs. Mit dem „Zoch“ werden kommenden Montag 19 Persiflagewagen und viele weitere Festwagen durch die Kölner Innenstadt fahren.

Alice Weidel (AfD) und Sahra Wagenknecht (BSW) senden in einem weiteren Motiv blumige Grüße aus Moskau, gespickt mit Geld, Hetze und Fake News. Das Erbe der Baby Boomer an die junge Generation Z wird auf einem Wagen mit einer riesigen Metallkugel thematisiert, die mit Problemen wie Schulden, Klima, Rente und Infrastruktur gefüllt ist. Das Motiv „EU Love Island“ zeigt eine Asylantragsstelle auf einer kleinen, einsamen Insel im Meer – im Hintergrund ist ein vollbesetztes Schlauchboot zu sehen. Auch Bildungsnotstand, Bundestagswahl und die Situation in der Ukraine werden aufgegriffen. Zwei Motive bleiben bis Rosenmontag geheim.

Für Diskussionen sorgte bereits seit Tagen der Wagen „Jesus liebt dich“, mit dem sexualisierte Gewalt in der Kirche persifliert wird. Er zeigt einen Beichtstuhl mit dem ausgestreckten Arm eines Geistlichen, der mit gekrümmtem Zeigefinger einen kleinen Messdiener heranzulocken scheint. Das Festkomitee verteidigte den Mottowagen gegen Kritik aus dem Erzbistum. Der Wagen werde am Montag durch die Innenstadt fahren. Trotz der Uneinigkeit mit dem Festkomitee segneten der Kölner Stadtdechant Robert Kleine und der evangelische Stadtsuperintendent Bernhard Seiger die Wagen, ihre Besatzung sowie Helferinnen und Helfer.

Das Erzbistum Köln hatte kritisiert, dass Jesus durch das Motiv des Wagens direkt mit dem Missbrauch in Verbindung gebracht werde und wertete dies als „Grenzüberschreitung“. Es werde suggeriert, dass Jesus selbst im Beichtstuhl sitze und den Messdiener dort hineinziehen wolle, schrieb der Amtsleiter des Erzbischöflichen Generalvikariats, Frank Hüppelshäuser, in einem offenen Brief an das Festkomitee. „Zumindest wird Jesus hier instrumentalisiert.“ Missbrauch gehöre aufgeklärt und verurteilt. Auch einige CDU-Politiker kritisierten die Darstellung als „geschmacklos“ und vertraten die Ansicht, dass der Wagen „in der vorliegenden Form nicht in einen Kölner Rosenmontagszug“ gehöre, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete.

Laut Festkomitee wurde die Aufschrift „Jesus liebt dich“ gewählt, um die Instrumentalisierung des Glaubens im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch anzuprangern, sagte Sprecherin Tanja Holthaus dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Festkomitee habe nach Veröffentlichung der Wagenskizze Zuschriften von Missbrauchsbetroffenen erhalten, die berichteten, dass sexualisierte Gewalt unter dem Vorwand göttlicher Liebe begangen worden sei.

Nicht die Darstellung des Missbrauchs sei „geschmacklos und peinlich“, sondern der Missbrauch selbst und der Umgang damit, betonte Zugleiter Marc Michelske. „’Jesus liebt Dich’ ist ein starker Eckpfeiler auch unseres Glaubens. Wenn man diese Aussage leider doppeldeutig verstehen kann, ist es Aufgabe der Kirche, daran zu arbeiten und verspieltes Vertrauen zurückzugewinnen.“ Mit den Persiflagen im Rosenmontagszug wolle man den Finger in die Wunde legen, satirisch zuspitzen und zum Nachdenken anregen.

Der Rosenmontagszug steht in diesem Jahr unter dem Motto „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“. Es steht laut Festkomitee für das Sehnen einer friedlichen Welt, Glück und Unbeschwertheit. An der 7,5 Kilometer langen Zugstrecke vom Chlodwigplatz durch die Innenstadt bis zur Mohrenstraße werden Hunderttausende Jecken erwartet.