Artikel teilen:

Klimaschutz: Bundesregierung zu Sofortmaßnahmen verurteilt

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat die Bundesregierung dazu verurteilt, Sofortprogramme zur Reduzierung der Emissionen in den Sektoren Gebäude und Verkehr zu beschließen. Damit müsse sichergestellt werden, dass die zugelassenen Jahresemissionsmengen für 2024 bis 2030 eingehalten werden, sagte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle am Donnerstag bei der Urteilsverkündung in Berlin (OVG 11 A 11/22, OVG 11 A 27/22 und OVG 11 A 1/23). Das Gericht ließ die Revision zu. Umweltverbände begrüßten das Urteil.

Geklagt hatten der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Das Gericht erklärte, das Umweltbundesamt habe für beide Sektoren für 2021 und 2022 Überschreitungen der zulässigen Jahresemissionsmengen festgestellt. Bei entsprechenden Überschreitungen habe laut Klimaschutzgesetz das jeweils zuständige Bundesministerium ein Sofortprogramm vorzulegen. Die Bundesregierung habe dann „schnellstmöglich“ die zu ergreifenden Maßnahmen zu beschließen.

Nachdem die für die Sektoren zuständigen Bundesministerien Bau und Verkehr im Juli 2022 solche Sofortprogramme vorgelegt hätten, sei ein Beschluss der Bundesregierung über diese Programme ausgeblieben, erklärte das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Ein stattdessen im Oktober beschlossenes Klimaschutzprogramm erfülle jedoch nicht die Anforderungen an ein Sofortprogramm.

Das Klimaschutzministerium erklärte nach dem Urteil, die Bundesregierung werde die Urteile und ihre Begründungen im Einzelnen „genau auswerten und das weitere Vorgehen prüfen“. Mit den Maßnahmen des im Oktober beschlossenen Klimaschutzprogramms könnte bis zu 80 Prozent der bestehenden Klimaschutzlücke bis zum Jahr 2030 geschlossen werden.

Die DUH forderte die Bundesregierung auf, Notfallmaßnahmen wie ein Tempolimit und den Abbau von klimaschädlichen Subventionen zu beschließen. DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz nannte das Urteil gegenüber dem epd eine gute Nachricht, weil es nicht nur die Erreichung der Klimaziele sichere, sondern auch deren Bezahlbarkeit.

BUND-Bundesgeschäftsführerin Antje von Broock sagte, mit dem Urteil sei die Bundesregierung dazu verpflichtet worden, „beim Klimaschutz nachzulegen“. Der WWF erklärte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei „nun in der Pflicht, den Verkehrs- und Gebäudesektor schleunigst auf Klimakurs zu bringen und den andauernden Zustand des Rechtsbruchs zu beenden“. Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, betonte, die für Sofortmaßnahmen nötigen Investitionen in die Zukunft des Landes dürften “nicht abgewürgt werden, indem die Schuldenbremse künftige Haushalte in ein Sparkorsett zwängt”.

Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Kai Niebert, betonte, es sei deutlich geworden, dass die Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm gegen das Klimaschutzgesetz verstoße. Stefanie Langkamp, politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, erklärte, am ersten Tag der Weltklimakonferenz COP28 erhalte Deutschland vom Gericht eine „schwere Rüge für den Klimaschutz im eigenen Land“.