Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Altbundespräsident Joachim Gauck haben um Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine geworben. Würde man als Weltgemeinschaft schweigend ignorieren, dass ein Mitglied des UN-Sicherheitsrats den Weltfrieden gefährde, „wäre das eine Einladung an alle Autokraten auf der Welt“, sagte Baerbock beim Kirchentag in Nürnberg. Um den Weltfrieden in anderen Regionen zu sichern, sei es deswegen essenziell, „dass man Farbe bekennt“, sagte sie. Natürlich müsse man den Überfallenen helfen. „Was denn sonst?“, fragte Gauck.
Baerbock und Gauck saßen gemeinsam auf einem Podium, bei dem es um außenpolitisches Handeln in der „Zeitenwende“ ging. Beide verteidigten auch die militärische Unterstützung der Ukraine durch deutsche Waffenlieferungen. Solange die Ukraine deutsche Unterstützung benötige bei der Durchsetzung ihres Rechts, in Frieden und Freiheit zu leben, „solange werden wir sie unterstützen“, sagte Baerbock. Gleichzeitig räumte sie ein Hadern mit Entscheidungen für Waffenlieferungen ein. Ethische Verantwortung bedeute aber immer, nicht nur zu bedenken, was die Konsequenzen von Handeln sind, „sondern auch meines Nichthandelns“.
“Moralisch und politisch nicht überzeugend”
Der evangelische Theologe Gauck begründete seine Position auch mit seiner Glaubensüberzeugung und wendete sich gegen Stimmen aus der evangelischen Kirche, die Waffenlieferungen mit Verweis auf die deutsche Geschichte ablehnen. Für ihn sei das „moralisch und politisch nicht überzeugend“, sagte er. Es sei „ganz klar erkennbar, wer ist der Verursacher und wer ist das Opfer“. Die Unterstützung für die Ukraine damit zu vergleichen, „was Kaiser Wilhelm und Hitler getan haben“, sei „geschichtsvergessen und geradezu perfide“, sagte Gauck.
„Christsein verbindet sich auch mit dem Beistand für Opfer“, sagte der Altbundespräsident und ergänzte: „Das ist das, was ich gelernt habe aus unserer Geschichte.“
Viel Applaus
Beide ernteten für ihre Aussagen viel Applaus. Zwischen- oder Protestrufe gegen die Waffenlieferungen, wie es sie bei anderen Veranstaltungen des Kirchentags zum Thema gegeben hatte, gab es nicht.
Vom Publikum wurde Baerbock nach ihrem eigenen Glauben gefragt. Sie sei wegen der vermittelten Werte Mitglied der evangelischen Kirche, glaube aber nicht an Gott, sagte Baerbock. Gauck dagegen bekannte seinen christlichen Glauben. „Der Glaube hat mich davor bewahrt, vor den Herrn der Welt meine Knie zu beugen. Ich beugte sie vor einer anderen Instanz“, sagte er.