Hamburg . Knapp drei Stunden dauert das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach – darum wird es selten komplett aufgeführt. In der Hamburger St. Johannis-Kirche in Harvestehude soll es jetzt sogar zwei Wochen dauern: Kirchenmusiker Christopher Bender will das berühmte Werk in sechs Festtagsgottesdiensten zwischen Heiligabend und dem 7. Januar aufführen – an jedem Festtag eine Kantate. Die gute Nachricht für Besucher: Weil es Gottesdienste sind, ist der Eintritt frei.
"Bach hat sein Oratorium nicht für Konzerte, sondern für den kirchlichen Gebrauch komponiert", sagt Bender. Die sechs Kantaten zogen sich ursprünglich wie ein Roter Faden durch die gesamte Weihnachtszeit, bis zum Dreikönigstag (Epiphanias) Anfang Januar. Diese Tradition soll nun in St. Johannis wieder lebendig werden.
Auftakt zu Heiligabend
Etwas kurios: Mit Georg Philipp Telemann machte Bender es genau umgekehrt: Sechs einzelne Weihnachts-Kantaten des Komponisten setzte er zu "Telemanns Weihnachtsoratorium" zusammen – ein Stück, das es gar nicht gibt. Am vergangenen Wochenende war die umjubelte Uraufführung.
"Viele Menschen erleben Heiligabend als den Höhepunkt einer Adventszeit voller Stress", sagt Kirchenmusiker Bender. Daher werde der 24. Dezember traditionell mit einem Kirchenbesuch, gutem Essen und Geschenken gefeiert. Doch schon am nächsten Tag fragten sich viele, ob das jetzt schon wieder alles gewesen sei? In der St. Johannis-Kirche soll Heiligabend nicht der Schlusspunkt sein, sondern der Beginn der Weihnachtszeit, erfüllt mit Bachs Musik.