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“Kirchenatlas” zeigt regionale Unterschiede bei Kirche und Religion

Wo leben wie viele Katholiken? Wo heiraten vor allem Protestanten untereinander? Und wie sieht es mit Taufen und Bestattungen aus? Ein neuer interaktiver Kirchenatlas liefert interessante Zahlen. Doch was folgt daraus?

Taufen, Trauungen, Bestattungen und vieles mehr: Ein neuer interaktiver “Ökumenischer Kirchenatlas” bietet ab sofort detaillierte Zahlen zur Entwicklung der evangelischen und der katholischen Kirche in Deutschland.

Interessierte finden dort bis auf die Ebene der Stadt- und Landkreise umfangreiche Statistiken über die Kirchenmitgliedschaft und die Nutzung kirchlicher Angebote. Ganz neu ist dabei der Blick auf die unterschiedlichen Ehekonstellationen: Wo heiraten vor allem Katholiken oder Protestanten untereinander? Wo heiraten sie über Konfessionsgrenzen hinweg und wo konfessionslose Partner?

Die Daten basieren auf der Ende 2023 veröffentlichten sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU6), die unter anderem gezeigt hatte, dass die Säkularisierung stark zu- und das Vertrauen in die Kirchen stark abgenommen hat.

“Die Zahlen helfen uns, die Wirklichkeit differenzierter wahrzunehmen”, sagte die Generalsekretärin der katholischen Bischofskonferenz, Beate Gilles, bei der Vorstellung am Mittwoch. Die KMU habe den Vertrauensverlust der Kirchen – insbesondere infolge des Missbrauchsskandals – deutlich gemacht und auch die massiven Reformerwartungen. Doch “wir würden uns in die Tasche lügen, wenn wir meinten, uns einfach mit einem Angebot besser auf die Menschen einstellen zu müssen, und dann wäre alles in Ordnung”.

Aber auch als Minderheit in einer immer weltlicheren Mehrheitsgesellschaft könnten und müssten die Kirchen “ein wichtiger Faktor in gesellschaftlicher wie religiöser Hinsicht bleiben”, forderte Gilles. Christen verlören nicht ihren Auftrag, die Frohe Botschaft anzubieten und die Menschen zu begleiten. Die Zahlen machten aber auch deutlich, dass die konfessionellen Unterschiede mehr und mehr verwischten, weshalb die ökumenische Zusammenarbeit immer wichtiger werde.

Tobias Kläden von der Katholischen Arbeitsstelle für missionarische Pastoral (KAMP) ergänzte, der genauere Blick auf die KMU zeige eine kirchliche “Milieuverengung”: Je moderner ein Milieu sei, umso geringer die Religiosität der ihm zugehörigen Personen.

Darüber hinaus, so Kläden weiter, stelle sich die soziale Frage mit aller Deutlichkeit: “Kirchliches Leben wird vornehmlich durch höher Gebildete geprägt, Menschen mit geringerer formaler Bildung kommen nur noch wenig vor.” Zugespitzt könne man von einer “Kirche von oben” sprechen, die sich bildungsbürgerlich verenge und den Kontakt zu den sozial prekären Milieus zu verlieren drohe: “Aus theologischen wie gesellschaftlichen Gründen sind daher Anstrengungen wichtig, aus dieser Spirale wieder auszubrechen.”