Nach dem blutigsten Kampftag zwischen Israel und der Hisbollah seit 2006 wachsen die Opferzahlen – und die Appelle für eine Waffenruhe. Kirchenvertreter und humanitäre Helfer sind entsetzt über die Eskalation.
Ein Sprecher der katholischen Kirche im Heiligen Land hat angesichts der eskalierenden Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah im Libanon sei ein offener Krieg ausgebrochen, der die Zivilbevölkerung erheblich beeinträchtige, sagte Weihbischof Rafic Nahra vom Lateinischen Patriarchat in Jerusalem dem vatikanischen Pressedienst “Asianews” (Montagabend). Die Sorge sei groß, dass die andauernde Eskalation durch die Beteiligung schiitischer Milizen aus dem Irak die ganze Region in den Konflikt ziehe.
Vorangegangen war der blutigste Kampftag zwischen Israelis und der Hisbollah seit 2006. Am Montagabend verstärkte Israels Luftwaffe ihre Angriffe auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon, während die schiitische Miliz den Norden Israels vermehrt mit Raketen beschoss; Tausende Menschen im Süden des Libanon flohen aus ihren Häusern. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums (Dienstag) wurden am Montag mindestens 492 Menschen getötet und mehr als 1.645 verletzt. Auf israelischer Seite erreichten die jüngsten Angriffe sogar Nazareth, wo erstmals seit 2006 wieder Raketen einschlugen.
Weihbischof Nahra beklagte ein “Klima des Misstrauens, der Angst und des Schreckens” sowie eine zunehmende Radikalisierung. Nun müsse ein sofortiger Waffenstillstand durchgesetzt werden.
Auch Hilfsorganisationen forderten ein Ende der Kämpfe im Nahen Osten. “Jede weitere Eskalation dieses Konflikts wäre eine Katastrophe für alle Kinder im Libanon”, erklärte das Kinderhilfswerk Unicef am Dienstag in Genf. Unter den Todesopfern vom Montag seien mindestens 35 Kinder. Vor dem Hintergrund auch der wirtschaftlichen Krise im Libanon warnte die Organisation: “Viele Familien kommen bereits jetzt kaum über die Runden. Und nun verschärft dieser Konflikt jeden dieser Faktoren um ein Vielfaches.” Das UN-Hilfswerk rief alle Akteure zur Deeskalation und Einhaltung ihrer humanitären Verpflichtungen auf.
Sowohl im Libanon als auch in Nordisrael lebten Kinder schon seit fast einem Jahr in ständiger Gefahr, erklärte die Hilfsorganisation Save the Children. “1,5 Millionen Kinder sind von Schulschließungen betroffen, viele Schulen werden jetzt als Notunterkünfte für Geflüchtete genutzt”, sagte Libanon-Direktorin Jennifer Moorehead. “Jede weitere Eskalation wird zu einem inakzeptablen Verlust von Menschenleben führen, und Kinder tragen wie immer in Konflikten die Hauptlast.”
Die Organisation “Help – Hilfe zur Selbsthilfe” sprach von mehr als 30.000 Menschen, die vor den israelischen Luftangriffen in Richtung Beirut geflohen seien. “Zusätzlich gab es einen Angriff auf ein Flüchtlingscamp in Nuseirat im Gazastreifen.”
Help-Generalsekretär Thorsten Klose-Zuber sagte: “Trotz andauernder diplomatischer Bemühungen nehmen die Angriffe zu und unzählige weitere Unschuldige kommen ums Leben.” Nach Angaben libanesischer Behörden seien bei den jüngsten Angriffen auf den Süden Libanons vor allem Frauen und Kinder unter den Opfern. Mit Nachdruck fordere er alle Konfliktparteien auf, die Kämpfe einzustellen und internationales, humanitäres Recht zu achten, so Klose-Zuber.