DETMOLD/LEMGO – Aktuell 96 Städte in Europa dürfen sich „Reformationsstadt Europas“ nennen. Über diese Auszeichnung, die die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) vergibt, freuen sich auch Lemgo und Detmold. Es sind in Ostwestfalen-Lippe neben Minden die einzigen Städte, die diesen Titel tragen – wegen des Bezugs ihrer Stadtgeschichte zur Reformation, die vor 500 Jahren mit der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers zum Ablasshandel ihren Anfang nahm.
Viele dieser Reformationsstädte, aber auch weitere Städte in insgesamt 19 europäischen Ländern werden derzeit verbunden über den „Europäischen Stationenweg“. Auf dieser Strecke ist der „Reformationstruck“, ein zum Geschichtenmobil ausgebauter Lastwagen, unterwegs. Am 2. und 3. Mai erreicht er die Lippische Landeskirche, wo er am Schloss Brake in Lemgo Station macht. An diesem Standort deckt er dann gleich zwei Reformationsstädte ab: Lemgo und Detmold.
Beiträge und Geschichten zu jeder Stadt
Im Truck finden sich Beiträge und Geschichten aus jeder Stadt, die bisher besucht wurde. „Damit soll deutlich gemacht werden, dass die Reformation ein europäisches Ereignis ist“, erläutert Maik Fleck, Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Detmold-West in Detmold. „Denn es gibt viele Orte zu entdecken, in denen die Reformation eine Rolle spielt – nicht nur in Wittenberg als Ausgangspunkt“, ergänzt Andreas Lange, lutherischer Superintendent der Lippischen Landeskirche.
Die beiden Theologen betreuen federführend den Aufenthalt des Reformationstrucks am Schloss Brake – Maik Fleck für Detmold und Andreas Lange für Lemgo. Denn dies ist eine Besonderheit, die nur in Lippe zu finden ist: Hier gibt es die Doppelstation Detmold/Lemgo. „Damit wird der besonderen lippischen Situation und unserem heutigen gemeinsamen Kirchesein in der Lippischen Landeskirche – lutherisch und reformiert – Rechnung getragen“, erläutert Andreas Lange.
Er blickt als lutherischer Superintendent mit besonderem Stolz auf Lemgo. Schon früh haben die lutherischen Lehren in der damals größten lippischen Stadt Einzug gehalten – 1533 wurde eine lutherische Kirchenordnung eingeführt. St. Nicolai, die Kirche, an der Lange Pfarrer ist, war die erste, die lutherisch wurde. „Und wenn Sie heute durch Lemgo gehen, sehen Sie eine Stadt, die in großen Teilen noch die Ansicht des 16./17. Jahrhunderts zeigt – unter anderem mit zwei gotischen Kirchen und dem Hexenbürgermeisterhaus.“
Anders sieht es in Detmold aus. Die Kreisstadt mit ihren rund 75 000 Einwohnern kann zwar auch Gassen mit Kopfsteinpflaster und Fachwerk vorweisen, doch zeigt Detmold im Zentrum ein eher großzügiges Gesicht, das von klassizistischen Gebäuden geprägt ist.
Dennoch: Am Markt steht die Erlöserkirche im gotischen Baustil. Diese war Schauplatz des Ereignisses, das den offiziellen Startschuss dazu gab, dass Lippe sich in großen Teilen dem reformierten Bekenntnis zuwandte. Hier ließ Graf Simon VI., der den Lehren der Reformatoren Calvin und Zwingli zuneigte, am 2. Juni 1605 das Abendmahl erstmals in reformierter Tradition austeilen: nicht mit Oblaten, sondern mit Brot, das gebrochen wurde. Lippe wurde reformiert, aber Lemgo widersetzte sich und blieb lutherisch.
Heute leben beide Konfessionen in der Lippischen Landeskirche zusammen. Die Grundlagen hierfür lieferten der „Röhrentruper Rezess“ von 1617 und die Leuenberger Konkordie von 1973, Gründungsdokument der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. Die Lippische Landeskirche war Erstunterzeichnerin und hat damit Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft in Lippe möglich gemacht. Pfarrer Maik Fleck: „Der große Beitrag in Lippe zur Reformationsgeschichte war, dass man Verträge gemacht hat und heute Kirche in zwei Konfessionen ist.“
Das Programm in Schloss Brake
Dienstag, 2. Mai
– 18.30 Uhr, Geschichtenmobil: Liturgische Eröffnung (Konrad Merzyn für die EKD, Hannover; Superintendent Andreas Lange für den Stadtkonvent Lemgo; Pfarrer Maik Fleck für den Pfarrkonvent Süd; Bläsergruppe), anschließend Grillimbiss
n 20.15 Uhr, Saal im Weserrenaissance-Museum: Filmvorführung „Katharina Luther“
Mittwoch, 3. Mai
– vormittags, Geschichtenmobil: „Beruf und Berufung“. Nachdenken mit Schülern der Berufskollegs zum Thema Beruf
– 15-17.30 Uhr, Weserrenaissance-Museum: Kurzführungen durch die Dauerausstellung, Beginn jeweils zur vollen und halben Stunde. Schwerpunkt der Führungen ist das Thema „Glaube“.
– 15-17 Uhr, Geschichtenmobil: Kaffee und Kuchen (um eine Spende wird gebeten).