Artikel teilen mit:

Kinder in Krisen: Wie kann die Kirche helfen?

Die Ferien stehen vor der Tür. Doch Sommer und Sonne allein schützen nicht vor dem psychischem Ballast, den viele Kinder und Jugendliche tragen. Unsere Gastautorin erklärt, was die Kirche tun kann.

Auch Kinder müssen wegen psychischer
Auch Kinder müssen wegen psychischerImago / Addictive Stock

Einmal erzählte ein Grundschüler einer Kollegin von mir, dass es für ihn wichtig sei, sich informieren zu können. Es helfe ihm, die aktuellen Geschehnisse, die ihm Angst machten, besser zu verstehen. Dies wirft die Frage auf: Welche Themen beschäftigen und verunsichern Kinder und Jugendliche in der ­heutigen Zeit?

Zum einen sind die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie noch zu spüren. Dazu kommen die Kriege in der Welt, einer davon in Europa, die Auswirkungen der Klimakatastrophe und der zunehmende gesellschaftliche Druck in der Schule oder in den sozialen Medien. Das zeigen verschiedene Studien und wurde auch bei einer Veranstaltung für Mitarbeitende in der Arbeit mit Kindern in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) am 29. Juni unter dem Titel „Kinderstarke Krisenbewältigung“ von den beiden Referentinnen Sabine Marx und Cathy Clift bestätigt. Sie leiten das Kinder- und Jugendtelefon der Diakonie Berlin-Brandenburg. Die psychischen Belastungen, die aus den aktuellen Krisen resultieren, sind der Hauptgrund, warum Kinder bei ihnen anrufen. Der Liebeskummer liegt nur noch auf dem dritten Platz.

Kinder und Jugendliche im „Dauerkrisen-Modus“

Junge Menschen leiden häufig unter Stress. Sie berichten von Antriebslosigkeit, Erschöpfung und Niedergeschlagenheit. In diesen Situationen fühlen sie sich hilflos und berichten teilweise sogar von Suizidgedanken. Zu diesen Ergebnissen kamen die Jugendforscher Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann in ihrer Studie „Jugend in Deutschland – Sommer 2022“. Befragt wurden dafür 1000 junge Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren. Der Jugendforscher Schnetzer betitelt die Lage, in der die Jüngsten unserer Gesellschaft stecken, als „Dauerkrisen-Modus“. Wie kann die Kirche darauf reagieren?

Die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung aus dem Jahr 2023 hat in ihren Ergebnissen die Relevanz der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen betont. Sie bilden die Zukunft der Kirche. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und Formaten, die für Jüngere nicht mehr ansprechend wirken, stellt sich die Frage: Wie kann das gelingen? Welchen Auftrag hat die Kirche?

Magdalena Beuchel ist Religions- und Gemeindepädagogin und Studienleiterin im Bereich Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit im Amt für kirchliche Dienste Berlin (AKD)
Magdalena Beuchel ist Religions- und Gemeindepädagogin und Studienleiterin im Bereich Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit im Amt für kirchliche Dienste Berlin (AKD)AKD

Ich finde: Gerade in der aktuellen Zeit sollte die Kirche aktiv werden und Kinder sowie Jugendliche in ihrer Krisenbewältigung unterstützen. Der Seelsorgeauftrag ist ein zentraler Bestandteil unserer Kirche und gleichzeitig eine ihrer Stärken. Besonders der Jugendverband Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hebt sich in dieser Hinsicht hervor. Mentale Gesundheit ist ein Thema, über das offen gesprochen wird und das bei den Aktivitäten bedacht wird. So wird bei den Veranstaltungen Inklusion großgeschrieben, und ein sogenanntes „Awarenessteam“ (deutsch: „Aufmerksamkeitsteam“) gehört mittlerweile zum festen Bestandteil eines jeden Formates. Auch andere Initiativen der EKBO nehmen die Themen von Kindern in der Konzeptionierung ihrer Angebote auf.

„Scheiß-auf-Noten-Segen“: Schülerinnen und Schüler sind mehr als Noten

So fand zum Beispiel im Kirchenkreis Neukölln im vergangenen Jahr eine Veranstaltung für Kinder und ihre Familien zum Ende des Schuljahres statt. Unter dem Titel „Scheiß-auf-Noten-Segen“ wurden diese eingeladen, das geschaffte Schuljahr zu feiern. Mit diesem Format sollte dem Notendruck entgegengewirkt und den Schülerinnen und Schülern gezeigt werden, dass sie unabhängig von ihren schulischen Leistungen wertvoll sind und sich angenommen fühlen dürfen.

Entscheidend ist, dass die Kirche innovativ und offen bleibt, um die sich wandelnden Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu erkennen und darauf zu reagieren. Nur so kann sie eine bedeutende und unterstützende Konstante im Leben von Kindern und Jugendlichen sein und ihnen dabei helfen, Krisen zu bewältigen. Diese ­­­Beispiele aus der EKBO zeigen, wie dies erfolgreich umgesetzt werden kann.

Hinweis: Das Kinder- und Jugendtelefon Berlin der Diakonie ist montags bis samstags von 14–20 Uhr kostenlos und anonym erreichbar unter: 116111 oder online unter: www.nummergegenkummer.de

Magdalena Beuchel ist Religions- und Gemeindepädagogin und Studienleiterin im Bereich Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit im Amt für kirchliche Dienste Berlin (AKD)