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Keine Klage gegen KiK

Landgericht Dortmund: Ansprüche auf Schmerzensgeld sind verjährt

DORTMUND – Der Textildiscounter KiK muss sich nicht vor Gericht für einen Brand in einer pakistanischen Zuliefererfabrik vor mehr als sechs Jahren verantworten. Das Landgericht Dortmund wies die Zivilklage von einem Überlebenden und drei Hinterbliebenen auf Schmerzensgeld zurück. Zur Begründung hieß es, die geltend gemachten Ansprüche auf die Zahlung von jeweils 30 000 Euro Schmerzensgeld seien verjährt. In der Frage der Verjährung war das pakistanische Recht maßgeblich.
Bei dem Feuer im September 2012 waren 258 Arbeiter ums Leben gekommen. KiK war nach eigenen Angaben Hauptauftraggeber der Fabrik des Zulieferbetriebs Ali Enterprises. Die vier Kläger wurden von der Menschenrechtsorganisation ECCHR (Europäisches Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte) unterstützt, die KiK für einen unzureichenden Brandschutz im Gebäude mitverantwortlich macht. Nach Darstellung von KiK war die Ursache des Feuers dagegen ein Brandanschlag, gegen den man sich nicht hätte wappnen können.
KiK hatte unmittelbar nach dem Unglück eine Million US-Dollar zur Verfügung gestellt und im Verlauf der Jahre insgesamt sechs Millionen US-Dollar gezahlt. Aus Sicht des Landgerichts ist darin aber keine Anerkennung einer Haftungsgrundlage zu sehen. Die Zahlungen seien auf freiwilliger Basis erfolgt und legten kein Schuldeingeständnis nahe.
ECCHR-Rechtsanwältin Miriam Saage-Maaß sagte nach dem Urteil, die Klage habe zumindest erreicht, dass jetzt über mehr Sorgfaltspflicht bei der Produktion gesprochen werde. „Deutsche Unternehmen aller Branchen haben die Klage gegen KiK genau verfolgt. Rechtsexperten in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz griffen die Argumentation auf. Allen ist klar: Das aktuelle Recht wird der globalisierten Wirtschaft nicht gerecht.“
Auch die Menschenrechtsorganisationen Brot für die Welt, CorA-Netzwerk, Germanwatch und Misereor kritisierten das Urteil. Es zeige „gravierende Lücken im deutschen Rechtssystem“ und sei damit ein klarer Handlungsauftrag an die Politik: „Die gesetzlichen Grundlagen in Deutschland sind unzureichend, um deutsche Unternehmen bei Menschen- und Arbeitsrechtsverstößen im Ausland zur Verantwortung zu ziehen.“ Notwendig sei ein Gesetz, das die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht von Unternehmen und entsprechende Haftung klar regelt.
„Der KiK-Fall zeigt, dass freiwillige Zusagen von Unternehmen Rechtssicherheit nicht ersetzen können“, erklärt Maren Leifker, Referentin für Menschenrechte bei Brot für die Welt. „Der Gesetzgeber muss jetzt handeln und diese eklatante Rechtslücke schließen, die bei vielen Auslandsgeschäften deutscher Unternehmen besteht“ (s. auch S. 15). UK/epd