Der traditionelle Tagungsort der katholischen Bischöfe – das Fuldaer Priesterseminar – ist eine Baustelle. Ein Sinnbild für die Kirche insgesamt? Auf die 61 Bischöfe wartet kommende Woche ein dichtes Tagungsprogramm.
Gut eine Woche vor Beginn der katholischen Weltsynode in Rom kommen die deutschen Bischöfe am Montag zu ihrem Herbsttreffen in Fulda zusammen. Die Vorbereitungen für das mit Reformhoffnung verbundene Weltkirchentreffen sind dabei ein Hauptthema. Außerdem geht es um die sich täglich verschärfende Nahostkrise und die Zukunft der Theologie an den deutschen Universitäten.
Ob es in der offiziellen Tagesordnung steht oder nicht, auch den aktuellen kirchlichen und politischen Großthemen werden die 61 Bischöfe und Weihbischöfe aus den 27 deutschen Bistümern nicht entkommen.
An diesem Sonntag steht in Brandenburg nach Sachsen und Thüringen die nächste ostdeutsche Landtagswahl an. Anfang des Jahres hatten sich die katholischen Bischöfe klar gegen politischen Extremismus und Populismus in Position gebracht: “Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar. Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar”, formulierte die Bischofskonferenz. Wie also jetzt damit umgehen, wenn die AfD dennoch zu den Wahlgewinnern gehört?
Keinen Schlussstrich wird es bei der Aufarbeitung von tausendfacher sexualisierter Gewalt von Priestern und Ordensleuten geben. Inzwischen zahlt die von den Bischöfen berufene “Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen” Missbrauchsopfern vielfach hohe Summen. Alle Bistümer haben Aufarbeitungskommissionen eingerichtet. Die Kirchenverantwortlichen müssen sich abstimmen, welche weiteren Schritte sie gehen wollen.
Und noch ein Thema dürfte die viertägigen Beratungen in Fulda mitbestimmen: Erstmals seit Jahrzehnten zeichnet sich ein drastischer Rückgang der Kirchensteuereinnahmen ab. Alle Bistümer haben einen Sparkurs angekündigt. Doch letztlich wird das nicht reichen. Vielmehr müssen die Verantwortlichen entscheiden, von welchen Aufgaben und Angeboten sich die Kirche verabschieden will.
Ob die katholische Kirche weltweit mehr Demokratie und Mitbestimmung wagen soll, wird vom 2. bis 27. Oktober die Weltsynode im Vatikan beraten. Auch wenn die innerkatholischen Reizthemen wie die Ehelosigkeit von Priestern und die Gleichberechtigung von Frauen bei allen kirchlichen Ämtern offiziell ausgeklammert werden sollen.
Wie sich die katholische Kirche in Deutschland bei diesen Reformberatungen positioniert, werden die Bischöfe in Fulda diskutieren. Als offizielle Synodenteilnehmer werden fünf deutsche Bischöfe nach Rom reisen.
Als spannender Dialogpartner in Fulda hat sich der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, angekündigt. Er pflegt enge Kontakte sowohl zu Palästinensern wie zu Israelis und kann authentisch von den derzeit dramatisch wachsenden Spannungen und den Fronten im Nahostkonflikt berichten.
Was zunächst als Thema für Spezialisten erscheinen mag – die Beratungen der Bischöfe über die Zukunft der Theologie an den Hochschulen – könnte auch jenseits des katholischen Tellerrands bedeutsam werden. Der Vorstand des Katholisch-Theologischen Fakultätentags, Dirk Ansorge, spricht von kirchlicher, gesellschaftlicher und hochschulpolitischer Brisanz.
“Im Austausch mit anderen Wissenschaften kann und will die Theologie in den aktuell vielfach polarisierten Debatten einen konstruktiven Beitrag für den gesellschaftlichen Ausgleich leisten”, sagt der Frankfurter Theologe. Etwa indem sie deutlich macht, dass der Wunsch nach vermeintlich einfachen Wahrheiten und Sicherheiten in einer komplexen Gegenwart zwar verständlich, aber wenig hilfreich für ein friedvolles Zusammenleben ist. “Die Theologie kann zeigen, dass es in einer Demokratie entscheidend ist, auch Ungewissheiten, Unklarheiten und Schattierungen auszuhalten.”
Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Zahl der Theologiestudierenden derzeit bundesweit dramatisch sinkt. Und so geraten die Theologischen Fakultäten an den öffentlichen Hochschulen unter immer größeren Rechtfertigungsdruck. Auch hierauf müssen die Bischöfe in Fulda Antworten finden.