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Kassen: Wohnen im Pflegeheim in Niedersachsen wird immer teurer

Die finanziellen Belastungen für Bewohnerinnen und Bewohner von Altenpflegeheimen in Niedersachsen wachsen weiter. Die Eigenbeteiligung sei innerhalb eines Jahres um 137 Euro und innerhalb von drei Jahren sogar um rund 600 Euro gestiegen, teilte der Verband der Ersatzkassen (vdek) am Mittwoch in Hannover mit. Das ergaben Berechnungen des Verbandes zum Stichtag 1. Juli.

Wer zwischen Ems und Elbe in einem Pflegeheim lebt, muss demnach im ersten Jahr seines Aufenthaltes im Schnitt 2.528 Euro pro Monat aus eigener Tasche zahlen. Im Nachbarland Bremen sind es sogar 3.030 Euro – bundesweit der vierthöchste Stand. Der Verband hält daher eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene für dringend notwendig, damit die Pflegebedürftige nicht Sozialhilfe beantragen müssen.

Das niedersächsische Gesundheitsministerium und der Sozialverband Deutschland unterstützten diese Forderung. Das Ministerium betonte darüber hinaus, dass das Land die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen schon jetzt spürbar unterstütze.

Der niedersächsische vdek-Leiter Hanno Kummer sagte, die pflegebedürftigen Menschen dürften finanziell nicht überfordert werden. Ziel einer Finanzierungsreform müsse sein, die Heimbewohner zu entlasten. Eine Durchschnittsrente in Niedersachsen reiche bei weitem nicht mehr für einen Pflegeheimplatz aus. „Das bedeutet: Viele Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, sind am Ende des Lebens auf Sozialhilfe angewiesen. Das wird diesen Lebensleistungen ganz sicher nicht gerecht.“

Ein Sprecher von Niedersachsens Sozialminister Andreas Philippi (SPD) sagte, die Länder hätten immer wieder Vorstöße für eine Pflegereform gemacht. „Es ist dringend an der Zeit, dass man zu einer grundlegenden Reform kommt, und zwar noch in dieser Legislaturperiode.“ Doch der Bund sitze das Thema aus.

Entscheidend werde sein, die Einnahmeseite zu stärken: „Wir müssen debattieren: Wie kommt mehr Geld in die Pflegeversicherung?“ Eine Möglichkeit könne sein, dass mehr Menschen in diese Versicherung einzahlten oder dass die Arbeitgeber einen stärkeren Beitrag leisteten.

Für den Sozialverband sagte Dirk Kortylak vom Vorstand des Landesverbandes Niedersachsen, viele Betroffene seien inzwischen verzweifelt: „Immer mehr Ratsuchende kommen zu uns in die Beratung und wissen nicht mehr weiter, weil ihnen die Pflegeheimkosten über den Kopf wachsen.“ Wer sein Leben lang gearbeitet habe, dürfe nicht auf Hilfe vom Staat angewiesen sein, wenn er oder sie pflegebedürftig werde: „Das ist unwürdig.“ Kortylak plädierte für eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlten. Das sei der richtige Weg.

Der Sozialverband und die Ersatzkassen sowie die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderten zudem die niedersächsische Landesregierung auf, die Investitionskosten für Pflegeheim-Plätze zu übernehmen, also den Betrag für die Instandhaltung der Gebäude und die Ausstattung. Das werde die Betroffenen deutlich entlasten, sagte Kortylak. Kummer erläuterte, derzeit lägen diese Kosten im Landesschnitt für jeden Heimbewohner bei 516 Euro pro Monat.

Das Gesundheitsministerium machte jedoch geltend, dass Niedersachsens als eines von fünf Bundesländern bereits Geld für Investitionskosten bereitstelle, und zwar mehr als 70 Millionen Euro pro Jahr. Dieser Betrag sei zuletzt sogar noch einmal erhöht worden: „Wir tun etwas. Es ist nachvollziehbar, dass noch mehr gewünscht wird. Aber mehr ist im Augenblick nicht drin.“