Ein türkischer Staatsbürger darf für einen Prozess wegen Drogendelikten nicht in die Türkei ausgeliefert werden, solange dort nicht sein Recht auf ein faires Verfahren garantiert ist. Dies geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts hervor.
Die Karlsruher Richter gaben der Verfassungsbeschwerde des Mannes statt und hoben die zuvor von deutschen Gerichten getroffene Auslieferungsentscheidung auf. Eine Auslieferung verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz, entschieden die Verfassungsrichter. Es sei nicht ausreichend geklärt, ob der Mann im Falle des Verfahrens in der Türkei persönlich an dem Prozess teilnehmen könne.
Die türkischen Behörden hatten angekündigt, den Mann nur per Videokonferenz aus dem Gefängnis zur Verhandlung zuschalten zu wollen. Der Mann bestand aber auf eine persönliche Anwesenheit vor Gericht. Das Verfassungsgericht verwies auf eine Entscheidung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, wonach dem Angeklagten bei Strafverfahren nur in Ausnahmefällen die persönliche Anwesenheit im Gerichtssaal verweigert werden könne.
Laut Verfassungsgericht hatte das Oberlandesgericht Celle, das die Auslieferung zunächst angeordnet hatte, nicht geprüft, ob im konkreten Fall eine Videozuschaltung zulässig ist oder das Recht auf ein faires Verfahren verletzt ist. Das Oberlandesgericht muss nun neu über eine etwaige Auslieferung entscheiden.
Dem Mann, der derzeit eine Haftstrafe in einem deutschen Gefängnis verbüßt, wird in der Türkei Drogenschmuggel vorgeworfen. Ihm soll in Izmir der Prozess gemacht werden. Die türkischen Behörden hatten im Februar 2022 seine Auslieferung beantragt.