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Kaffeeanbau unter Bäumen und neben Bananenstauden

Ernest Ndumuraro aus Burundi hält im Stuttgarter Weltladen eine Tüte Kaffee in der Hand. Für den Export-Manager des Kaffeekooperativenverbands „Cococa“ ist es nicht irgendein Kaffee – es ist „sein“ Kaffee und der erste in Burundi, durch den das Leben von rund 11.000 Familien zum Besseren verändert wurde.

Das Erfolgsrezept heißt „Agroforst“: Seit 2019 gibt es das Pilotprojekt, indem Kleinbäuerinnen und Kleinbauer etwa einen halben Hektar landwirtschaftliche Fläche erhalten. Dort bauen sie Schatten spendende Bäume an, Maniok, Bananen und Bohnen – und auch Kaffeesträucher. Aus einer Kaffee-Monokultur ist ein Garten geworden, von dem Familien leben können.

„Die Bauern sind glücklich“, sagt Ndumuraro beim 10-jährigen Jubiläum des Weltladens an der Planie. Die Bauern könnten sich versorgen, und die Kaffee-Ernte habe sich verdreifacht, sodass sie genau so viel Ertrag haben, obwohl sie weniger Kaffeesträucher anpflanzen. Denn der Schatten der Bäume und der fruchtbarere Boden machten die geringere Anbaumenge pro Hektar mehr als wett. Der Boden leide bei Starkregen auch nicht mehr unter Erosion.

Thomas Hoyer, Geschäftsführender Vorstand von „WeltPartner“ (Ravensburg), der den Kaffee in Deutschland vertreibt, ist überzeugt, dass es nur durch Agroforst möglich ist, dass die Kaffeebauern gut leben können. „Eine Familie kann auf einem halben Hektar Land selbst bei besten Kaffeepreisen nicht allein durch Kaffeeanbau leben.“

Deshalb müsse man die Bauern unterstützen, dass sie dreiteilig arbeiten: Mit einem Drittel der Fläche könnten sie sich selbst versorgen, auf einem Drittel Bäume pflanzen und so zur Aufforstung beitragen und in einem Drittel könne dann der Fair Trade- und Biokaffee unter schattigen Bäumen wachsen.

Das Projekt wird vom Land Baden-Württemberg unterstützt, das seit bereits 40 Jahren eine Partnerschaft mit Burundi hat. Seit 2014 wird diese auch durch einen „Partnerschaftskaffee“ sinnlich erlebbar. Das Agroforst-Projekt von WeltPartner, das es seit 2019 gibt, wird von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (Landkreis Tübingen) sowie von der Universität Burundi in Bujumbura wissenschaftlich begleitet.

Für Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) vom Finanzministerium ist die Partnerschaft ein persönliches Anliegen: „Es ist wichtig, dass Baden-Württemberg über seinen eigenen Tellerrand schaut und durch den Kaffee-Import die Partnerschaft auch sichtbar lebt.“

Laut Ndumuraro macht der Klimawandel auch nicht vor den Kaffeebauern halt: Dieses Jahr habe es zum ersten Mal nur einmal geregnet, dies mache ihm Sorgen. Seine Hoffnung ist, dass in Zukunft noch mehr Kleinbauern aus seinem Kooperativenverband ebenfalls ihren eigenen „Kaffeegarten“ anlegen können. Doch dafür brauche es Schulungen zur Agroforstwirtschaft und Hilfe beim Anlegen ihres Gartens.

Er hofft, dass der nachhaltige Kaffee aus Burundi in Deutschland noch bekannter wird und dadurch ein größerer Absatzmarkt entsteht und sich „guter Kaffee zu guten Bedingungen“ durchsetzt. Deshalb wird Ernest Ndumuraro am Mittwoch auch in Berlin in der Landesvertretung Baden-Württemberg der Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) im Rahmen der „Fairen Woche“ sein Projekt vorstellen, ebenso wie auf einem WeltWeitWissen- Kongress in Kassel (26./27. September) und im Weltladen in Frankfurt-Bornheim (28. September).

Dass der Kaffee noch bekannter wird, hofft auch Thomas Hoyer: Bisher arbeiteten 18 von 32 Genossenschaften bei dem Kaffeekooperativenverband Cococa in dem Agroforstprojekt mit. Ziel sei, dass alle Genossenschaften Teil des Projekts sein können.

Doch auch schon jetzt sei viel geschafft: 500.000 Bäume sind schon gepflanzt, ebenso wie 50.000 Stauden von Kochbananen. Einige Kooperativen hätten bereits auf biologische Produktion umgestellt. „Wir müssen die Nachfrage steigern, nur so kann sich das Projekt langfristig tragen“, so Hoyer. „Das haben die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, verdient.“ (2155/24.09.2024)