Nadjila Bendig-Behrens kennt die Belastung junger Pflegender aus eigener Erfahrung. Als sie 20 Jahre alt war, erkrankte ihre Mutter schwer. Von einem auf den anderen Tag wurde Bendig-Behrens zur versorgenden Tochter ihrer erkrankten Mutter. Heute engagiert sie sich als Host beim Projekt „Young Carer Coach“, um betroffene junge Menschen mit Sorge- und Pflegeverantwortung zu unterstützen. „Genau diese Art von Unterstützung hätte ich mir damals in meiner eigenen Situation sehr gewünscht“, sagte die 32-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
„Young Carer Coach“ ist eine Plattform der „An Deiner Seite – Gerhard und Gertrud Schmieder Stiftung“, auf der sich Kinder und junge Erwachsene mit Sorge- und Pflegeverantwortung austauschen und vernetzen können. Am 6. Juni findet dazu der erste Aktionstag in München statt.
Die Aufgaben von jungen pflegenden Angehörigen seien vielfältig und weit mehr als nur die praktische Körperpflege, sagte Bendig-Behrens. Dazu zählten beispielsweise „Kontakt mit Behörden, Unterstützung bei Vorsorgevollmachten oder die Kontrolle des Gesundheitszustands“. Da „Pflegearbeit“ häufig auf die körperliche Betreuung begrenzt werde, spreche sie lieber von „Sorgearbeit“. Solche nicht-pflegerischen Tätigkeiten erstreckten sich teilweise über viele Jahre und könnten auf lange Sicht zu Überlastungen führen.
Als ihre Mutter vor zwölf Jahren an einer Hirnhautentzündung erkrankte, änderte sich das Leben von Bendig-Behrens schlagartig: „Gerade hatte ich die Schule abgeschlossen und war auf einer Backpacking-Reise, als ich die Nachricht erhielt, dass meine Mutter im Koma liegt. Als sie schließlich erwachte, war sie plötzlich ein Pflegefall“, sagte Bendig-Behrens. Ihre Mutter sei auf eine rund um die Uhr dauernde Betreuung angewiesen gewesen. Nach drei Jahren sei sie dann gestorben.
„Diese Erfahrung hat mich tief geprägt und meinen Lebensweg entscheidend beeinflusst“, sagte Bendig-Behrens. Sie entschied sich daher für eine Ausbildung zur Krankenschwester und ein anschließendes Studium des Gesundheits- und Pflegemanagements, um heute in der Pflegeberatung berufstätige pflegende Angehörige umfassend bei ihrer herausfordernden Rolle unterstützen zu können.
Mit „Young Carer Coach“ will Bendig-Behrens das Thema stärker in den Fokus rücken und junge Pflegende untereinander vernetzen. Häufig seien sich die Betroffenen ihrer Rolle als „Young Carer“ selbst nicht bewusst, erklärte sie. „Wir informieren sie über ihre Rolle als Sorge- und Pflegeverantwortliche und geben ihnen das Gefühl, nicht allein zu sein, indem wir ihnen Austausch mit anderen in gleicher Situation ermöglichen“, sagte Bendig-Behrens.
Am 6. Juni veranstaltet „Young Carer Coach“ gemeinsam mit der „An Deiner Seite – Gerhard und Gertrud Schmieder Stiftung“ einen Aktionstag in München. Dabei soll auch das soziale Umfeld sowie Fachkräfte aus Medizin und Pflege für die Belange junger Pflegender sensibilisiert werden, erklärte Bendig-Behrens. Ziel sei es, die Bedürfnisse dieser Gruppe stärker in den Blick zu nehmen. (00/1677/04.06.2024)