So gut wie alle spüren die Inflation, viele sorgen sich um die eigene Finanzlage: Das zeigt das aktuelle “Vermögensbarometer”. Bei aller Krisenstimmung gibt es aber auch vorsichtige Zuversicht.
Im Supermarkt das günstigere Produkt kaufen, die Heizung noch nicht voll aufdrehen, auf eine Reise verzichten – all das gehört für viele Menschen inzwischen zum Alltag. Angesichts globaler Krisen, Inflation und hoher Energiekosten betrachtet ein gutes Viertel der Menschen in Deutschland (26 Prozent) ihre finanzielle Situation als “schlecht” oder “eher schlecht”. Das sind vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, wie es bei der Vorstellung des “Vermögensbarometers” am Dienstag in Berlin hieß.
Seit 2005 gibt es die jährliche Erhebung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV); in diesem Jahr wurden bundesweit über 4.800 Menschen ab 14 Jahren befragt. So angespannt wie derzeit sei die Stimmung zuletzt vor zehn Jahren gewesen, hieß es. 71 Prozent der Befragten gaben an, inflationsbedingt schon auf etwas verzichtet zu haben (sechs Prozentpunkte mehr als 2022). Auch am Urlaub wurde demnach gespart, nämlich von 40 Prozent der Befragten. 49 Prozent erklärten: “Ich koche mehr zu Hause statt essen zu gehen”.
Auch auf Rücklagen und Vorsorge wirkt sich diese Entwicklung aus: Jede fünfte Person in Deutschland kann demnach momentan kein Geld sparen. Viele brauchten schlicht mehr Geld, “um ihren Alltag zu bestreiten”, sagte Verbandspräsident Helmut Schleweis. Gut jeder Fünfte plane zudem, künftig weniger zu sparen – auch zu Lasten der eigenen Altersvorsorge. Der Anteil der Nichtsparer sei damit in den vergangenen zwei Jahren um fünf Prozentpunkte gestiegen.
Demgegenüber spart fast ein Drittel mit monatlich festen Beträgen, 20 Prozent mit monatlich unterschiedlich hohen Beträgen. Allerdings können viele dafür nur kleine Summen einsetzen, wie das Barometer weiter zeigt – jeder Vierte kann monatlich nur 50 Euro oder weniger zurücklegen. Und: Wer spare, sorge sich vielfach um die Inflation und eine Entwertung des eigenen Geldes. Viele seien unsicher, ob ihre finanzielle Planung für den Ruhestand ausreichen werde.
Bei aller Krisenstimmung betont Schleweis auch, die Lage sei nicht aussichtslos. So zeigten die Ergebnisse, dass es drei von vier Menschen in Deutschland finanziell weiterhin besser oder sogar sehr gut gehe. Zudem hätten sich insbesondere jüngere Menschen zuversichtlich geäußert, dass sich die Lage in den kommenden zwei Jahren bessern werde.
Im Bezug auf Inflation und gebremste Einkaufsfreude sehen zwar nur zwei Prozent für die kommenden zwei Jahre eine Hoffnung auf Besserung – ein Widerspruch sei dies aber nicht unbedingt, sagt der Experte. Vielmehr zeige sich, dass die Menschen mit einer angespannten Finanzlage durchaus umgehen könnten – und zugleich den Optimismus nicht verlören. “Und genau das sollte eine deutliche Botschaft an die Politik sein”, so der Verbandspräsident: “Die Probleme, vor denen wir stehen, lassen sich lösen.”
Notwendig seien ein Abbau von Bürokratie, eine Digitalisierungsstrategie sowie zielgerichtete Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Zudem dürften diejenigen, die aktiv für ihr Alter vorsorgen wollen – zum Beispiel durch die eigenen vier Wände – nicht übermäßig belastet werden. Fast jeder Dritte plant demnach weiterhin den Kauf einer Immobilie, doch 57 Prozent von ihnen fehlt dafür das Eigenkapital. Schleweis fordert mehr erschwinglichen Wohnraum und eine Reduzierung oder einen Wegfall der Grunderwerbssteuer.
Banken und Sparkassen sieht er gefragt, mit ihren Kundinnen und Kunden individuelle Strategien zur finanziellen Absicherung zu entwickeln. In punkto Finanzwissen hätten die Menschen hierzulande in den vergangenen Jahren hinzugelernt. Möglicherweise spiele es dafür eine Rolle, dass Jüngere sich über die Sozialen Medien und “Finfluencer”, also Finanz-Influencer, zu diesen Themen informierten.