Israel hat Südafrika wegen des Völkermord-Verfahrens vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag erneut verbal scharf angegriffen. Das Land agiere als “juristischer Arm der Terrororganisation Hamas”, erklärte Lior Haiat, Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, nach der ersten Gerichtsanhörung am Donnerstag im Kurzmitteilungsdienst X (vormals Twitter). Südafrika wolle “der Hamas erlauben, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Sexualverbrechen, die sie am 7. Oktober wiederholt begangen hat, von Neuem zu begehen”. Die südafrikanischen Anwälte in Den Haag nannte Haiat “die Vertreter der Hamas”.
Südafrika wirft Israel vor, mit seinem Vorgehen im Gazastreifen die Völkermord-Konvention der Vereinten Nationen zu verletzen. Zusammen mit einer am 28. Dezember eingereichten Klage bei dem UN-Gericht beantragte Südafrika vorläufige Maßnahmen zum Schutz der Rechte der palästinensischen Bevölkerung, konkret die Einstellung der Militäroperation, Beweissicherungsmaßnahmen und eine Berichtspflicht für Israel. Dieser Eilantrag ist Gegenstand der zweitägigen Anhörung südafrikanischer und israelischer Vertreter in Den Haag. Dabei geht es nicht um eine abschließende rechtliche Würdigung, sondern um eine Plausibilitätsfeststellung, ob eine Rechtsverletzung und die Gefahr eines Schadens vorliegen.
Das Verfahren ist für Israel politisch und symbolisch hoch aufgeladen, weil die “Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes” von 1948, auf die Südafrika sich beruft, unter dem Eindruck der Schoah entstand, des millionenfachen Mordes an den Juden. Am Textentwurf maßgeblich beteiligt war der polnische jüdische Jurist Raphael Lemkin (1900-1959), der auch den Begriff “Genozid” prägte.
Mit einem Beschluss des Internationalen Gerichtshofs ist in ein bis zwei Wochen zu rechnen. Bis zum Hauptsacheverfahren kann es mehrere Monate dauern.