Den Augenblick bewusst wahrnehmen, ohne gleich zu urteilen. Den Moment erleben, ohne schon an den nächsten zu denken – das ist Achtsamkeit. In der heutigen Zeit mit vielen Terminen und Ablenkungen ist ein achtsames Leben für viele Menschen eine alltägliche Herausforderung.
„Rituale können helfen, innere und äußere Freiräume zu schaffen“, so Christina Brudereck, Theologin, Autorin und Poetin aus Essen. In ihrem neuen Buch „Für alles gibt es eine Zeit“ mit dem Untertitel „Rituale für Tag, Jahr und Leben“ hat sie Gebete, Geschichten und Gedanken für und über Rituale gesammelt. Entstanden ist eine Schatzkiste, in der man Impulse für das Kirchenjahr, die Jahreszeiten und den eigenen Tagesablauf findet.
Die Teilnehmerinnen des Gesundheitsseminars „Zeit für Achtsamkeit“ im sauerländischen Bödefeld, das vom Frauenreferat der Evangelischen Kirche von Westfalen EKvW angeboten wurde, hatten die Möglichkeit, an einer besonderen Lesung aus ihrem Buch teilzunehmen und auch selbst schreibend kreativ zu werden. Christina Brudereck animierte die Teilnehmerinnen zum achtsamen Schreiben.
Die Inspirationen dazu kamen unter anderem aus der Bibel. Drei Wörter aus einem Psalm genügen, um die Phantasie anzuregen und kleine Gedichte und Geschichten entstehen zu lassen. „Ich schreibe hin und wieder meine Gedanken auf und nehme mir ganz bewusst eine Auszeit. Dass aber durch eine Bibelstelle so vielfältige Texte und tiefgründige Gedanken zu Tage treten, war für mich eine echte Bereicherung“, fasst Claudia Kretschmar, Teilnehmerin aus Dortmund, für sich zusammen.
Neben Yoga-Einheiten und Meditationen wurde auch gemeinsam vegetarisch gekocht. Denn: Achtsamkeit zeigt sich nicht nur in geistigen Übungen, sondern auch im täglichen Tun, wie zum Beispiel dem bewussten Kochen. „Wie kann ich nachhaltig und ökofair einkaufen und Lebensmittel zubereiten? Wie oft esse ich Fleisch und kaufe ich der Saison entsprechend ein?“, diesen Fragen gingen die Teilnehmerinnen nach und diskutierten unter anderem angeregt über die Vor- und Nachteile der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft.
Ein Bündel von ökofairen, klimafreundlichen und regionalen Gerichten findet sich in dem Kochbuch „Was für ein Geschmack!“, das zur Vorbereitung auf den Kirchentag in Dortmund im nächsten Jahr kürzlich erschienen ist (UK berichtete). Präses Annette Kurschus schreibt dazu im Vorwort, „es geht um eine Ethik des Genug und des Genusses“ und möchte zu einer neuen bewussten Esskultur anregen. (Das Kochbuch kostet sieben Euro und ist im Kirchenshop Westfalen erhältlich: https://kirchenshop-westfalen.de/Kochaktion-zum-DEKT-2019:::34.html.)
Da Arbeits- und Berufswelt einen großen Teil der Lebenszeit in Anspruch nehmen, wurden diese Aspekte ebenfalls unter dem Blickwinkel der Achtsamkeit fokussiert. Wie man achtsam mit beruflichen Herausforderungen umgehen kann, und was unter einer Kultur der Achtsamkeit zu verstehen ist, dazu hörten die Teilnehmerinnen einen Vortrag von Nicole Richter, Arbeits- und Organisationspsychologin und Fachbereichsleiterin im Frauenreferat des Instituts für Kirche und Gesellschaft.
„Belastungen werden sehr unterschiedlich erlebt und empfunden. Für die eine stellt eine Situation eine aktivierende Herausforderung dar, für eine andere ist sie gegebenenfalls der absolute Stress. Entscheidend ist unter anderem, wie man die eigenen Ressourcen stärkt und den individuellen Anforderungen begegnet“, so die Referentin. Atemübungen und bewegte Pausen können helfen, Stress am Arbeitsplatz abbauen, ebenso Angebote wie Yogakurse oder Rückenfitness. Entscheidend ist bei allen verhaltenspräventiven Angeboten der beruflichen Gesundheitsförderung aber auch der Blick auf die Struktur der Arbeit.
„Um Belastungen zu optimieren, braucht es auch strukturelle Veränderungen und das ist Leitungshandeln“, erläuterte Nicole Richter. Achtsamkeit stellt somit auch eine Herausforderung für die jeweilige Unternehmenskultur dar. Die teilnehmenden Frauen berichteten aus ihren beruflichen Bezügen und tauschten sich über steigende Anforderungen etwa durch die Digitalisierung aus.
Die verschiedenen Facetten zur Achtsamkeit wurden an diesem Wochenende thematisiert. Bereichernd fanden die Teilnehmerinnen auch den Austausch nur unter Frauen, den sie als stärkend erlebten. „Das wichtigste Ziel der Achtsamkeitspraxis ist, mit sich selbst in Kontakt zu kommen“, so hat es Jon Kabat-Zinn, der Vater der modernen Achtsamkeitsbewegung, einmal formuliert.
Eine Auszeit für Frauen ist 2019 wieder geplant.IKG
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Innere und äußere Freiräume schaffen
Gesundheitsseminar des Frauenreferats über den Wert von Auszeiten und mit Impulsen für den Alltag
