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Initiative: Einsamkeit kann krank machen

Auf die psychischen, sozialen und körperlichen Folgen des Gefühls „Einsamkeit“ hat die Karlsruher Initiative gegen Depression hingewiesen. Einsamkeit sei keine Krankheit, könne jedoch krank machen, hieß es bei einem Pressegespräch am Mittwoch. „Einsamkeit ist die Diskrepanz zwischen tatsächlichen und gewünschten sozialen Beziehungen“, erklärte die Vorständin und Leitung der Ehe-, Familien- und Partnerschaftsberatung Karlsruhe, Barbara Fank-Landkammer. Die Folge des Mangelerlebens sei stets eine Unzufriedenheit, führte sie aus.

Dem Einsamkeitsbarometer 2024 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zufolge fühlt sich jeder Dritte zwischen 18 und 53 Jahren zeitweise einsam. Die Langzeitstudie ergab, dass das Einsamkeitsempfinden der Erwachsenen in Deutschland in den Jahren 1992 bis 2017 tendenziell eher abnahm, mit Corona dann einen sprunghaften Anstieg erlebte. Das Einsamkeitsempfinden ging 2021 zwar zurück, verharrt aktuell jedoch auf höheren Werten als vor der Pandemie.

Einsamkeitserleben gehe mit einem Gefühl der Ohnmacht und oft auch Hilflosigkeit einher, sagte Fank-Landkammer. Bei anhaltender Einsamkeit bestehe die Gefahr der Chronifizierung. Schicksalsschläge, der Renteneintritt, intensive Care-Arbeit, Migrationshintergrund und Armut seien Risikofaktoren für Einsamkeit. Zunehmend von Einsamkeit betroffen sind laut den Erhebungen auch jüngere Erwachsene unter 30 Jahren sowie Jugendliche.

Kontaktverlust könne auch unter nahen Bezugspersonen wie Paaren zu dem Gefühl der Einsamkeit führen, sagte Fank-Landkammer. „Das Gefühl, nicht in Verbindung zu sein“, entfremde sie voneinander. Auf „Einsamkeit innerhalb der Familie“ wies Sigrun Groos vom Arbeitskreis Leben (AKL) Karlsruhe hin.

Dem Leiter der Krisen- und Lebensberatungsstelle „brücke“ in Karlsruhe, Martin Kühlmann, begegnet häufig die „emotionale Einsamkeit“. „Im Alter gibt es oft keinen mehr, um über Vertrautes zu sprechen“, schilderte er die Situation vieler nach dem Tod des Partners. Gerade zu Weihnachten spitze sich diese Wahrnehmung zu.

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Einsamkeit eine „globale Bedrohung der Gesundheit“. Der Klinikdirektor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Städtischen Klinikum Karlsruhe, Heiko Graf, nannte drei Aspekte: chronische Einsamkeit könne zu Depression und Angststörungen führen; Herz-Kreislauf oder auch onkologische Erkrankungen könnten die Folge sein. Schließlich könne Einsamkeit auch in der Folge einer psychischen Erkrankung auftreten. Die Behandlung einer Depression sollte, so Graf, neben der Aktivierung immer auch zu sozialer Teilhabe anregen.

Die Karlsruher Initiative gegen Depression wurde 2016 unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) ins Leben gerufen. Fachleute und Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um über die Krankheit zu informieren und Hilfsangebote zu erarbeiten. (2786/11.12.2024)