Seit vielen Jahrzehnten ist Deutschland ein demokratisches Land. Doch diese politische Grundordnung gerät in jüngster Zeit zusehends in die Kritik. Anders in der Schweiz. Eine Doku geht dem nach.
Sie ist mitunter zäh, anstrengend und erfordert Gemeinsinn. Dennoch schätzen viele die Demokratie als liberale Staatsform des Zusammenlebens, bei der die Macht vom Volk ausgeht. Als besonders fortschrittlich gilt die Demokratie in der Schweiz, wo sich Bürgerinnen und Bürger über Volksabstimmungen direkt in Entscheidungen über Verfassungsänderungen und Gesetze einbringen können. Die 3sat-Dokumentation “Die beste Demokratie der Welt?” blickt am 3. Juli um 20.15 Uhr in das Nachbarland und befragt dazu Politiker und junge Menschen. Könnte das Schweizer Modell auch übertragbar auf Deutschland sein?
In Deutschland wurde mit dem ersten Volksentscheid am 13. April 1919 die badische Landesverfassung angenommen; diese blieb die einzige durch eine Volksabstimmung beschlossene Konstitution der Weimarer Republik. Für die Bundesrepublik ist die Demokratie seit dem 23. Mai 1949 im Grundgesetz festgeschrieben. In der neutralen Schweiz waren die theoretischen Grundlagen und rechtlichen Begründungen der Volksherrschaft bereits im 18. Jahrhundert gelegt worden. Die Menschen dort sind stolz auf ihre direkte Demokratie und größtenteils zufrieden mit ihrer Regierung. In Deutschland nimmt die Unzufriedenheit dagegen stetig zu.
Immer wieder hat der Züricher Journalist Roger Brunner mit Erstaunen festgestellt, wie wenig man in Deutschland über das politische System der Schweiz weiß. “Es war an der Zeit, sich das Schweizer Modell einmal genauer anzuschauen”, sagt Regisseur Brunner der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Als Journalist produziert er seit 20 Jahren Filme für das Schweizer Fernsehen (SRF) und den deutschen ARD-ZDF-Kulturkanal 3sat. Der Film “Warum ist die Schweiz so reich?” war laut Brunner sein bislang erfolgreichster.
In seiner Dokumentation erklärt er anschaulich das politische System der Schweiz und fragt bei deutschen Spitzenpolitikern von links bis ganz rechts nach, was in diesen Zeiten für mehr Stabilität und weniger Streit sorgen würde. Der Film besteht in weiten Teilen aus Interview-Einheiten.
Das Filmteam um Roger Brunner war nicht nur in Berlin, sondern ist rund 3.000 Kilometer durch Deutschland und die Schweiz gefahren, um die Stimmen einzufangen. Brunner traf Unionspolitiker Armin Laschet in seinem Büro in Aachen, SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken beim Fest der Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung in Köln und den stellvertretenden AfD-Bundessprecher Stephan Brandner in Gera. In der Schweiz traf Brunner Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, den Chef der Schweizer Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Gerhard Pfister, und den Publizisten Roger de Weck, Autor des Buches “Die Kraft der Demokratie”.
Aber auch junge Menschen kommen zu Wort. Für den Filmemacher waren die Drehtage mit einer Leipziger Abitur-Klasse mit Leistungskurs Geschichte “einer der zahlreichen Höhepunkte dieser Produktion”. Nach Brunners Empfinden konnte das Filmteam mit zehn klugen, reflektierten und interessierten jungen Menschen eine Diskussion auf hohem Niveau führen. Für den Film haben die Jugendlichen zwei Erklär-Grafiken erstellt. Am Ende führten die Abiturienten eine geheime Abstimmung zur Demokratie durch, deren Ergebnis in der Doku gezeigt wird.
Sehenswert ist die 3sat-Dokumentation nicht nur wegen des filmischen Blicks ins Nachbarland. Mit ihr ist die Liste der informativen Dokumentationen von Roger Brunner um einen Titel reicher. Wenn der Film für den Züricher Filmemacher eine Message hat, dann die: Menschen sollten viel mehr über die Demokratie als schützenswertes und fragiles Pflänzchen nachdenken und darüber diskutieren.