Künstliche Intelligenz (KI) wird nach Ansicht des Osnabrücker Informatik-Professors Joachim Hertzberg in den kommenden Jahren vor allem in Form von intelligenten Sprachsystemen den Alltag und viele Berufe verändern. So könnten etwa Steuererklärungen beim Elster-Portal diktiert, statt eingetippt werden, sagte Hertzberg in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag am Rande eines niedersachsenweiten Fachtages zur Digitalisierung in der Erwachsenenbildung in Osnabrück.
Pflegekräfte könnten ihre Tätigkeiten jeweils während der Pflege per Spracheingabe protokollieren. KI könnte in der Bankberatung Menschen völlig überflüssig machen, sagte der geschäftsführende Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) Niedersachsen. „In der Medizin werden Radiologen eigentlich schon jetzt nicht mehr gebraucht, weil KI-Systeme die Bilder von Ultraschallgeräten oder Computertomografen viel besser und schneller auswerten können.“
Die meisten Menschen wüssten zu wenig über die Funktionsweise von Informatik, Internet und Künstlicher Intelligenz. „Wir haben eine drastische Bildungslücke, was die Informationstechnik angeht“, monierte Hertzberg. Viele Menschen könnten Handys oder Tablets „virtuos bedienen, die Hintergründe jedoch versteht kaum jemand“. Das Grundübel sei der seit Jahrzehnten fehlende Informatikunterricht in den Schulen.
KI sei nicht nur Chat-GPT, sondern schon seit Jahrzehnten Teil von Handys oder Navis. Sie funktioniere mit Algorithmen, die Daten verarbeiten. Diese stellten die Menschen oft unbemerkt zur Verfügung. Das Handy speichere Bilddaten für eine zuverlässige Gesichtserkennung. Navis sammelten Daten von Autofahrern, um mithilfe von KI-Algorithmen den optimalen Weg von A nach B zu identifizieren. Betreiber von Payback-Karten oder Amazon erstellten Persönlichkeitsprofile nach den getätigten Einkäufen oder den Bestelldaten.
Als Angehöriger einer Generation, in der sich Millionen Bürger gegen die Volkszählung gewehrt hätten, erstaune es ihn, wie viele Daten die Menschen heute von sich preisgäben. „Wir bezahlen all diese KI-Hilfsdienste mit den Daten, die wir liefern.“ Google wiederum generiere Einnahmen dadurch, dass es den Kunden auf sie persönlich zugeschnittene Werbung schicke. Datensammlungen könnten allerdings auch immer in falsche Hände geraten. „Wir sollten all das wissen, um uns dann bewusst dafür oder dagegen entscheiden zu können.“