Patrick Legun kniet vor einem Bettler auf dem Boden und fragt ihn, wann er das letzte Mal ein Weihnachtsgeschenk bekommen hat. “Gar nicht”, antwortet dieser. Legun zieht daraufhin ein Päckchen aus seinem Rucksack und überreicht es ihm. Das Video mit dieser Szene lud der Aachener auf TikTok und Instagram hoch. Über eine Million Menschen haben es sich angeschaut.
Seither veröffentlicht der angehende Religionslehrer immer wieder Videos mit neuen Aktionen, in denen er Menschlichkeit zeigen und aus anderen herauskitzeln möchte. Im Moment hat er unter dem Namen “humanvoll” über 240.000 Follower auf TikTok und rund 177.000 auf Instagram. Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Student dazu sein Buch “humanvoll – Wie ich begann, Menschen glücklich zu machen und entdeckte, dass darin die wahre Freude des Lebens liegt”.
Patrick Legun schlüpft in die Rolle eines Bettlers
Denn genau darum geht es ihm, wenn er seine Aktionen macht: Glücklich sein, indem er andere glücklich macht. Oder: Nächstenliebe leben und verbreiten. “Das Christentum ist Teil meiner Identität”, sagt Legun. Aber im Internet thematisiere er Religion genauso wenig wie Politik. Seine Kanäle sollten ein Wohlfühlort für alle Glaubensrichtungen sein.
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Oft hat er bei seinen Aktionen eine dreckige Mütze auf, trägt eine durchlöcherte Hose und einen künstlichen Bart. Seine Erfahrung: Spricht er mit seinem Outfit Passanten an, blocken sie beim Betteln viel häufiger ab, als wenn er in seiner normalen Alltagskleidung auf sie zugeht. “Das trifft mich immer wieder.” Denn: “Ich bin ich, ich sehe nur anders aus.” Dann müsse er oft mit Freunden sprechen, um das Erlebte zu verarbeiten. In solchen Momenten sei er sich seiner privilegierten Stellung bewusst: “Ich nehme die Maske ab, ich nehme den Bart ab und habe ein Zuhause.”
Aktion: Bettler eine Weihnachtsfreude bereiten
Dass er einmal Influencer werden würde, ahnte er nicht. Beim Fußballspiel knickte er einmal mit dem Fuß um und der wollte nicht heilen, wie Legun berichtet. Da sei er in eine Depression gerutscht und habe zwei Monate im Bett gelegen, eine Serie nach der anderen geschaut und ansonsten nur noch geschlafen. Bis er angefangen habe, im Internet mit fremden Menschen über Emotionen zu sprechen. Damit habe sich selbst aus seinem Tief geholt.
Mit neuer Kraft setzte Legun seine erste Aktion um, die ihm zuvor schon mehrere Jahre vorschwebte: Einem Bettler eine Weihnachtsfreude bereiten. Das habe zahlreiche Menschen inspiriert, es ihm nachzutun. Er bekam so viele Zuschriften, dass er gar nicht alle beantworten konnte.
Online-Shop mit T-Shirts, Hoodies und bald auch Trinkflaschen
Und die waren gemischt: von “Dieses Jahr dann nicht nur ein anonymes Paket für die hiesige Tafel, sondern einem Vorbild folgen” bis “Leute, die solche Videos liken, sind genauso verlogene Drecksheuchler wie die Leute, die gute Taten veröffentlichen”. Aber Legun möchte weder Messias spielen, noch Geld mit Selbstinszenierung verdienen.
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Um seine Aktionen finanzieren zu können, eröffnete er einen Online-Shop mit T-Shirts, Hoodies und bald auch Trinkflaschen. Zusammen mit den Einnahmen auf TikTok komme damit aber nicht so viel zusammen, dass er damit auch seinen Lebensunterhalt als sozialer Influencer bestreiten könnte. Ob sein Internet-Engagement überhaupt eine Alternative zum Lehramt wäre, weiß er nicht. Dafür mache ihm die Lehrertätigkeit zu viel Spaß.
Auf seinem Kanal berichten ihm häufig Menschen, kleine Gesten jetzt selbst aktiver im Alltag einzubauen. Da ist zum Beispiel die Frau, die einer anderen Person den Einkauf im Supermarkt bezahlt. Ein anderer macht seinen Kollegen mit einem selbst gebackenen Kuchen eine Freude. Legun: “Es geht immer nur um Kleinigkeiten, die das Große bewirken.”