Bunt und verwegen muss sie ausgesehen haben, wenn sie als „Prinz Jussuf von Theben“ verkleidet zur Kaiserzeit durch Berlins Straßen spazierte. Die schwarzen Haare kinnlang geschnitten, dazu weite Hosen, bunte Gewänder, auffälliger Schmuck. Damit wird sie Aufsehen erregt haben. Vielleicht wirkte ihre Aufmachung auch ein bisschen verrückt. Auf die öffentliche Meinung hat Else Lasker-Schüler indes keinen Wert gelegt. Sie war eine Exotin, eine Eigenbrötlerin. Am 11. Februar 1869 wurde sie in Wuppertal-Elberfeld geboren.
Als Zeichnerin war sie weniger bekannt
Bis heute gilt Lasker-Schüler als herausragende Vertreterin der avantgardistischen Literatur. Berühmt geworden sind vor allem ihre Gedichte. Als Zeichnerin war sie weniger bekannt.
Aufgewachsen ist „Elisabeth“ – genannt Else – im Bergischen Land als jüngstes Kind des jüdischen Privatbankiers Aron Schüler und seiner Frau Jeannette. Mit ihren fünf Geschwistern verlebt sie zunächst eine behütete Kindheit, die Familie ist wohlhabend. Als sie elf Jahre ist, stirbt ihr Lieblingsbruder; mit 21 verliert sie ihre Mutter.
1894, mit Anfang 20, heiratet sie den Arzt Berthold Lasker und zieht nach Berlin, nimmt dort Zeichenunterricht. Durch die Freundschaft mit dem Schriftsteller Peter Hille findet sie Anschluss an die literarische Szene und veröffentlicht erste Gedichte – der Anfang ihrer Karriere. Sie ist befreundet mit zahlreichen Künstlern, darunter auch mit dem Maler Franz Marc, dem „blauen Reiter“, wie sie ihn nennt, und der ihr, der „Sternendichterin“ und „kaiserlichen Hoheit“ Prinz Jussuf, zahlreiche bemalte Postkarten schreibt. Sie verwebt ihr Leben eng mit ihrer Dichtung und erfindet mitunter, phantasievoll wie sie ist, auch autobiographische Daten von sich.
Der Tonfall von Lasker-Schülers Dichtung ist entsprechend kindlich-spielerisch, häufig verwendet sie orientalische Motive. Eines ihrer berühmtesten Gedichte ist der „Tibetteppich“ von 1910: „Deine Seele, die die meine liebet/Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet“, heißt es in dem Liebesgedicht.
Oft geht es in ihren Texten auch um Religion und um das „Hebräerland“, das „Bibelland“, wie sie Palästina nennt. In dem Gedichtzyklus „Hebräische Balladen“ von 1913 etwa verarbeitet sie Inhalte des Alten Testaments und setzt sie auch zeichnerisch um. Sie glaubt an eine Versöhnung zwischen Juden und Christen, Juden und Arabern.
Die Ehe mit Lasker hält nicht und wird 1903 geschieden. Und auch die zweite Ehe mit dem Schriftsteller Georg Levin, der auf Elses Vorschlag den Künstlernamen Herwarth Walden trägt, scheitert 1912. Damit endet auch ihr bürgerliches Leben. Von nun an wechselt sie ständig den Wohnort, lebt in kleinen Zimmern und schäbigen Pensionen. Allein in Berlin wohnte Lasker-Schüler von Anfang des 20. Jahrhunderts bis zu ihrer Emigration 1933 an über 20 verschiedenen Orten.