Es steht außer Frage, die Entwicklung der digitalen Welt schreitet ständig und stetig voran und wird große Teile unseres Lebens verändern. Um es auf den Punkt zu bringen, wir leben in einer digitalen Welt. Dafür brauchen wir nicht erst in den Bus zu steigen oder durch unsere Städte zu gehen und die Allgegenwart der Smartphones in den Händen von Jung und Alt zu sehen.
Ohne Digitalität geht es nicht mehr. Lernen und Lehren in der Schule oder Universität ist kaum ohne sie möglich, und auch in der Kirche kommunizieren die Presbyterien und Mitarbeiterkreise längst selbstverständlich über E-Mail und Whatsapp-Gruppen miteinander.
Aber das ist nur die eine Seite, die technische, die uns vieles ermöglicht und erleichtert.
Als Theologin stellt die Erlanger Professorin Johanna Haberer in ihrem Buch „Digitale Theologie“ die Frage, ob die Digitalisierung nicht eine neue Welt, einen neuen Lebensraum darstellt. Zumindest kann man die Frage mit Ja beantworten, wenn man sich anschaut, wie viele Kirchen und Gemeinden sich im Internet gegründet haben und gar nicht mehr „vor Ort“ existieren. Das Internet ist das Medium, das uns Menschen die Möglichkeit gewährt, uns zu vernetzen. Wir können mit Menschen quasi in der ganzen Welt unsere Gefühle, unsere Meinungen und unseren Glauben austauschen.
Folglich stellen sich theologisch doch zumindest zwei Fragen:
Was das Internet von allen bisherigen Medien unterscheidet, ist seine Grenzenlosigkeit und Geschwindigkeit. Was geblieben ist, das sind wir Menschen, die wir uns an einem Ort befinden und unsere je eigene Geschwindigkeit haben. Obwohl wir uns weltweit vernetzen können, haben wir doch nichts anderes als den Ort, wo wir gerade sind.
Das heißt doch, dass wir das Gefühl für uns selbst, den Raum in uns und unsere Zeit, nicht verlieren dürfen. Eine „digitale Theologie“ steht folglich vor der Aufgabe, den Menschen als geistiges und geistliches Wesen vor Gott und mit Gott zu beschreiben. Wir verlieren im Netz doch nicht unsere Identität. Wir sind diejenigen, die wir sind, ganz leiblich.
Und doch sind wir im Internet unterwegs und hinterlassen dort Spuren. Diese Balance zwischen analoger und digitaler Identität ist eine echte theologische Herausforderung. Kirche und Theologie haben hier einen klaren Auftrag: Sie müssen helfen, dass wir Menschen unsere Persönlichkeit in und mit der digitalen Welt finden und ergründen. Dazu können Christen Vorbilder sein. Wir können zwar nicht verhindern, dass die großen Internetbetreiber Daten sammeln, auswerten und verkaufen, aber wir können mit der Stimme der großen Kirchen darauf aufmerksam machen. Persönlich können wir uns verantwortlich im Netz verhalten.
Unsere ethischen Werte enden doch nicht, wenn wir den Computer anschalten und online gehen. Dort, wo wir in sozialen Netzwerken unterwegs sind, gehen wir achtungsvoll und ethisch verantwortungsbewusst mit den Menschen um. Als Gemeinden halten wir uns an den Datenschutz und wir geben den Menschen das sichere Gefühl, dass sie dort, wo sie sich mit uns vernetzen, gut und sicher aufgehoben sind. Sie dürfen nicht das Gefühl haben, dass Kirche im Netz ein übernatürlicher Raum ist.
Das Netz ist keine transzendente Welt, es ist eine reale. Deshalb müssen Kirchen und Gemeinden stets mit authentischen und eindeutig identifizierbaren Personen im Netz präsent sein. Dann ist es möglich, im biblischen Sinn Glauben miteinander in digitalen Räumen auszutauschen und sich gegenseitig darin zu stärken.
„Digitale Theologie“ muss die Grundlagen für eine Ethik in der digitalen Welt schaffen. Darüber hinaus hat sie den klaren Auftrag, sich mit der Frage nach unserer Persönlichkeit in einer Netzgesellschaft zu befassen. Da sollte Theologie die Menschen nicht allein lassen. Digitale Theologie muss aufmerksam sein, wie sich das Denken und Handeln der Menschen verändert und erweitert. Sie muss die Möglichkeiten des Netzes für die Kirche analysieren und Konzepte dafür erarbeiten.