Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann warnt vor zunehmenden Tendenzen junger Menschen zu rechtsextremen Weltanschauungen. „An dieser Stelle waren Jüngere bislang immun. Das hat sich geändert“, sagte der Soziologe der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen. Eine Partei wie die AfD punkte nun kräftig in der jungen Generation. „Ungefähr zehn Prozent der jungen Leute sind nationalistisch, autoritär, rechtsradikal orientiert“, sagte Hurrelmann unter Hinweis auf die von ihm mitverantwortete Studie „Jugend in Deutschland“.
Infolge der Corona-Pandemie habe die Verunsicherung unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen zugenommen. „Wir sehen eine wachsende Zahl von jungen Menschen, die das Gefühl haben, sie können ihr Leben nicht kontrollieren“, sagte der 80-jährige Soziologe. Von den etablierten Parteien fühlten sie sich allgemein vernachlässigt. „Tatsächlich standen die Interessen junger Menschen während der Pandemie nicht im Vordergrund“, kritisierte Hurrelmann.
AfD gibt sich als “Kümmerer”
Die AfD geriere sich vor diesem Hintergrund als „Kümmerer“. „Außerdem ist sie digital die modernste Partei. Da sollten die anderen dringend nachlegen“, mahnte der Soziologe von der Hertie School in Berlin. Er riet dazu, Kindern im Elternhaus und in der Schule eine „gelebte Demokratie“ vorzuleben. „Kinder sollten unbedingt lernen, sich auseinanderzusetzen, sachliche Positionen zu vertreten und zu tolerieren, dass es andere Meinungen gibt“, erklärte der Jugendforscher. Dabei sollte die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung aller Menschen im Vordergrund stehen, betonte Hurrelmann.
Grundsätzlich befürworte er es, dass Eltern ihre Kinder mit zu den bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie nehmen. „Ich wäre aber trotzdem vorsichtig“, sagt der Forscher, der mittlerweile sechs Enkel und drei Urenkel hat. „Das Kind sollte nachvollziehen können, worum es geht.“
Auslöser der bundesweiten Protestwelle war ein Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremisten Ende November in Potsdam. Dabei wurde nach Recherchen des Netzwerks „Correctiv“ über eine massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland gesprochen.
Weitere Informationen zu der Studie finden Sie hier.