Die Kürzungen im Etat des Auswärtigen Amtes für 2025 treffen laut der humanitären Helferin Sarah Easter auch die Jesidinnen und Jesiden im Irak. „Wenn es keine Gelder gibt, können wir nicht helfen und müssen Projekte schließen“, sagte die Referentin für Nothilfekommunikation bei der Hilfsorganisation Care dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zehn Jahre nach dem Genozid an der jesidischen Bevölkerung im Nordirak lasse die Unterstützung für die Geflüchteten, die mehrheitlich nach wie vor in Camps oder informellen Siedlungen lebten, merklich nach.
Es sei besorgniserregend, dass für den kommenden Haushalt die humanitäre Hilfe um mehr als 50 Prozent gekürzt werden soll, sagte Easter, die knapp eine Woche im Nordirak verbracht hat. Nicht nur die staatlichen Gelder würden weniger, sondern auch die Spendengelder. Das liege daran, dass die Aufmerksamkeit der Menschen auf anderen akuteren Krisen liege. „Die Jesidinnen und Jesiden haben Angst, vergessen zu werden und erneut alles zu verlieren, was sie sich mühsam in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut haben“, sagte Easter. Auch zehn Jahre nach dem Völkermord lebten die meisten Menschen in Zelten und verdienten sich ihr Geld als Tagelöhner in der Landwirtschaft.
„Zurück in ihre Heimat, dem Sindschar-Gebirge, können die Jesidinnen und Jesiden nicht“, gab Easter zu bedenken. Die Dörfer seien zum Großteil zerstört und noch immer gebe es bewaffnete Gruppen in der Region. Die Helferin berichtete, dass viele Menschen auch gar nicht mehr zurück in ihre Heimat wollten, weil sie den Ort mit dem Trauma des Genozids verbinden und sich dort nicht sicher fühlen. Am 3. August 2014 waren Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Sindschar-Gebirge im Nordirak eingefallen, dem Hauptsiedlungsgebiet der religiösen Gemeinschaft. Bis zu 10.000 Jesidinnen und Jesiden wurden getötet.
„Jeder Jeside hat ein Familienmitglied verloren oder vermisst es heute noch, viele wurden entführt, vergewaltigt oder haben gesehen, wie ihre Nachbarn geköpft worden sind“, berichtete Easter. Viele Jesidinnen und Jesiden in den Camps litten an Depressionen oder Schlafproblemen. Deshalb erhalten die Geflüchteten in den Camps nicht nur Unterstützung bei der Wasser- und Gesundheitsversorgung, sondern auch psychologische Hilfe.
Ebenso erhielten die Kinder, die nach dem Genozid geboren worden sind, psychologische Unterstützung. „Es gibt eine ganze Generation, die nichts anderes kennt als diese Camps. Sie sind heimatlos und leben in Armut“, sagte Easter. Rund 11.000 Menschen leben in einem Camp, häufig teilen sich acht Personen ein Zelt, in dem es im Sommer bis zu 50 Grad heiß werden könne.
Immer wieder gebe es Diskussionen darüber, dass die Regierung die Zeltlager schließen lassen will, berichtete Easter. Das bereite den Bewohnern große Sorgen. „Die meisten Menschen wollen einfach nur in Würde und in Sicherheit leben. Sie wünschen sich ihr altes Leben vor dem Völkermord zurück“, sagte die Care-Mitarbeiterin. Das Leben im Sindschar-Gebirge sei zwar einfach gewesen, aber glücklich.