Im Prozess gegen den AfD-Politiker Björn Höcke hat das Landgericht Halle das Urteil gesprochen: Weil Höcke bei einer Wahlkampfrede vor drei Jahren eine Nazi-Parole verwendet hat, verurteilte ihn die fünfte Strafkammer zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätze à 130 Euro. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er im Mai 2021 bei einer Kundgebung im sachsen-anhaltischen Merseburg die verbotene Parole „Alles für Deutschland“ der Sturmabteilung (SA) der NSDAP verwendet habe. Dabei handle es sich um eine Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs.
Der Vorsitzende Richter Jan Stengel sagte in seiner Urteilsbegründung, auf den Bekanntheitsgrad einer NS-Parole komme es nicht an. Die Verteidigung hatte mehrfach darauf abgestellt, dass die Formel „Alles für Deutschland“ in der Öffentlichkeit kaum mit der SA in Verbindung gebracht werde und auch in anderen Kontexten verwendet worden sei, etwa in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg von sozialdemokratischen Organisationen. Das Gericht verwies hingegen darauf, Ziel des Paragrafen sei es, dass Nazi-Parolen aus der Öffentlichkeit verschwinden würden.
Richter: Höckes Begründung ist “lebensfremd”
Zudem sei Höcke ein redegewandter und intelligenter Mann, sagte der Vorsitzende Richter. Der AfD-Politiker wisse, was er sage. Und er habe deutlich gemacht, dass er derartige Parolen wieder verwenden wolle.
Höckes Behauptung, er habe nichts von Ermittlungsverfahren gegen zwei weitere AfD-Politiker gewusst, weil diese ebenfalls die Parole verwendet hatten, nannte der Vorsitzende Richter „lebensfremd“. Als Fraktionsvorsitzender seiner Partei in Thüringen müsse er davon Kenntnis gehabt haben.
Mit der Verhängung einer Geldstrafe blieb das Gericht allerdings unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine sechsmonatige Freiheitsstrafe mit einer zweijährigen Bewährungsfrist gefordert hatte. Höcke habe bisher keine Vorstrafen, so der Richter. Zudem sei die Tat bereits drei Jahre her.
Oberstaatsanwalt gibt sich zufrieden
Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wäre Höcke damit vorbestraft, sagte Gerichtssprecherin Adina Kessler-Jensch im Anschluss. Zudem würde er einen Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis erhalten.
Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), man werde das Urteil in Ruhe wegen einer möglichen Revision prüfen. Grundsätzlich sei er mit dem Urteil zufrieden, weil das Gericht den objektiven und subjektiven Tatbestand festgestellt habe, auch wenn das Gericht keine Freiheitsstrafe verhängt habe.
Vermutlich muss sich Höcke in Kürze wieder vor dem Landgericht Halle wegen einer Kundgebung im vergangenen Dezember in Gera verantworten. Dort hatte er zum Ende einer Rede „Alles für…“ gerufen und das Publikum mit Gesten animiert, das Wort „Deutschland“ zu ergänzen. Eigentlich sollten beide Vorfälle gemeinsam vor Gericht verhandelt werden. Wegen eines kurzfristigen Anwaltswechsels wurden sie allerdings wieder getrennt. Zudem muss der AfD-Politiker sich vor dem Amtsgericht Mühlhausen in Thüringen wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung in einem „Telegram“-Post aus dem Jahr 2022 verantworten.