Kurz vor Heiligabend 1734 arbeitet der Leipziger Thomaskantor fieberhaft an seinem Weihnachtsoratorium – das der Stadtrat nicht aufführen lassen will. Gut, dass Johann Sebastian Bach auf seine Familie zählen kann…
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Das “Weihnachtsoratorium” von Johann Sebastian Bach erklingt wie jedes Jahr sicher auch in diesem Dezember in unzähligen Konzerträumen, Kirchen und Haushalten; es gehört für viele zum Fest einfach dazu. Der Film “Bach – Ein Weihnachtswunder” kreist nun um die Entstehung des Werks: 1734 eckt der Komponist (gespielt von Devid Striesow) mit seinen ehrgeizigen Plänen für sein “Weihnachtsoratorium” beim Leipziger Stadtrat an. Während Bach und seine Frau (Verena Altenberger) versuchen, auf Umwegen Rückhalt für die Komposition zu erhalten, kommt es auch zwischen dem strengen Vater und seinen Söhnen zu Konflikten.
Der üppig ausgestattete Historienfilm malt die (historisch nicht gesicherten) Umstände bei der Entstehung des “Weihnachtsoratoriums”, mit dem der protestantische Komponist die musikalischen und religiösen Schranken seiner Zeit durchbrach, kurzweilig aus. Die Musik-Aspekte sind am interessantesten und sorgfältigsten umgesetzt, während die Widersacher aus Politik und Klerus eher grob skizziert werden. Und damit das Ganze typisches Weihnachtsfilm-Flair bekommt, ist es nicht zuletzt auch ein Familienfilm, der die versöhnende Funktion von Weihnachten betont, die Rolle von Bachs Frau Anna Magdalena stärkt und der Beziehung Bachs zu seinen Kindern viel Raum einräumt. Alles in allem ein atmosphärisches und packendes Stück Fernsehen. Wenn schon Weihnachtsfilm, dann bitte genau so!
Würde sich der Stadtrat die Musik ihres Mannes nur anhören, er würde verstehen, “dass Gott in ihr wohnt”. Mit diesen Worten setzt sich Magdalena Bach für die Uraufführung des Weihnachtsoratoriums 1734 in Leipzig ein. Bachs einziges Bestreben sei es, “zum Ruhm und zur Ehre Gottes” zu musizieren. Die Stadt-Oberen freilich werfen dem Thomaskantor vor, eitel zu sein und mit seiner “opernhaften Musik” von Gott abzulenken.
“Ihr seid doch nur eifersüchtig!”, gibt Johann Sebastian Bach darauf so impulsiv wie selbstbewusst zurück. Die Auseinandersetzung zwischen Macht und Kunst, zwischen der Theologie mit ihren Worten auf der einen und der Musik auf der anderen Seite ist der zentrale Konflikt in dem Historienfilm “Bach – Ein Weihnachtswunder”. Das Erste strahlt den Film, der sich auf wenig Überliefertes zur Entstehung des Weihnachtsoratoriums stützen kann und deshalb erzählt, wie es gewesen sein könnte, am 18.12. von 20.15 bis 21.45 Uhr aus.
Ob es zur Aufführung des umfangreichen Werks kommen wird, bleibt in der geschickt entwickelten Story bis wenige Stunden vor Weihnachten offen – womit sich der Film auch in Sachen Spannungsbogen als sehr souverän erweist. So groß ist der Widerstand des Hohen Rats der Stadt Leipzig – und so hartnäckig der Einsatz der Bachs für das zentrale geistliche Werk ihres Familienoberhaupts (Devid Striesow). Wer mit unermüdlichem Einsatz und feiner Diplomatie wirklich die Fäden in der Hand hält im Hause Bach, ist allerdings Magdalena (Verena Altenberger), Bachs zweite Ehefrau und emotionaler Mittelpunkt der großen Patchwork-Familie.
Wenn dies nach leicht klischeehaften Geschlechterzuschreibungen klingen sollte, ist das der zugrundeliegenden Zeit und ihren Konventionen geschuldet: Tatsächlich wird Magdalena hier als mindestens ebenso interessante Figur wie ihr Ehemann gezeichnet, was nicht zuletzt an Altenbergers Darstellungskunst liegt. Doch natürlich glänzt auch der selbst in klassischer Musik ausgebildete Striesow in der Titelrolle (für die er, wie er im Interview erzählt, eigens 20 Kilo zunahm).
“Bach” erzählt nicht die alte und selten wahre Geschichte des einsam vor sich hin kreierenden Genies, sondern die Entstehung des Weihnachtsoratoriums als Gemeinschaftswerk, aus dem Geiste eines hochmusikalischen familiären Kollektivs. Darunter sind die erwachsenen Söhne Emanuel und Friedemann, die als Musiker ihr Geld verdienen, dem Patriarchen nacheifern. Doch schätzt der Vater Emanuels Tätigkeit in einer “Hochzeits- und Beerdigungskapelle” gering.
Um diese Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn kreist ein weiterer Erzählstrang – der besondere Würze dadurch erhält, dass er von Striesow und seinem Sohn Ludwig Simon gespielt wird, die den Konflikt gewissermaßen selbst spiegeln: Auch hier trat ja der Sohn mit der Schauspielerei in die großen Fußstapfen des Vaters. Von essenzieller Bedeutung für Bachs künstlerisches Werk ist zudem die Figur der Magdalena, die einst (historisch belegt) eigene Erfolge als Hofsängerin feierte.
Raum erhält aber auch die durch sieben früh verlorene Kinder belastete Beziehung der Eheleute. Und dann wären da noch die 8-jährige Elisabeth, die im Alleingang einen Weihnachtsbaum zu organisieren sucht, sowie Gottfried, ihr 10-jähriger, geistig behinderter Bruder, der schließlich die Funktion des alle vereinenden Jesuskindes einnehmen wird.
Das Drehbuch von Christian Schnalke schafft eine gute Balance zwischen äußerer historischer Stimmigkeit – hier sei auch das so aufwändige wie überzeugende Set- und Kostümdesign erwähnt – und einer in ihrem Kern modernen Erzählung. Regisseur Florian Baxmeyer wiederum bekommt den umfangreichen Stoff souverän und bei aller inhaltlichen Schwere erstaunlich leichtfüßig in den Griff. Unter Mitwirkung von Kameramann Sten Mende und, last but not least, der so berührenden wie beglückenden Musik Johann Sebastian Bachs schafft er ein atmosphärisches und packendes Stück Fernsehen. Wenn schon Weihnachtsfilm, dann bitte genau so!