Millionen Menschen in Gaza brauchen dringend Hilfe. Dafür ist auch die Bundesregierung gefordert, mahnen Helfer. Diese prüft derzeit ihre Beteiligungsmöglichkeiten an einer Seebrücke – wenn sie nun kommt.
Die Bundesregierung muss sich nach Meinung von Hilfswerken stärker für einen Waffenstillstand und einen Hilfskorridor in Gaza einsetzen. Deutschland solle seinen Einfluss als enger Partner Israels nutzen, um damit auf Feuerpausen und mehr Hilfslieferungen für die eingeschlossene Bevölkerung hinzuwirken, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Forderung der Hilfsorganisationen Misereor und medico. Die Bundesrepublik prüft hingegen nach Medieninformationen derzeit ihre Beteiligungsmöglichkeiten an einer von US-Präsident Joe Biden vorgeschlagenen Seebrücke für den Gaza-Streifen.
“Die Bundesregierung betont immer wieder den besonderen Charakter der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel, nun muss sie dieser Verantwortung gerecht werden”, so medico-Geschäftsführer Tsafrir Cohen. “Sie sollte alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und nötigenfalls mit entsprechendem Druck die Umsetzung der im Januar verkündeten rechtsverbindlichen Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag gegenüber dem Kriegskabinett unter Netanjahu einfordern.”
Nach Helferangaben sind durch den Krieg in Gaza derzeit rund 2,2 Millionen Menschen von Hunger bedroht, fast die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Etwa 85 Prozent der Bevölkerung in der Region seien auf der Flucht vor den Kampfhandlungen. “Die Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben, humanitäre Hilfe wird vorenthalten, und das Leben von Hunderttausenden ist gefährdet”, erklärte der Hauptgeschäftsführer von Misereor, Pirmin Spiegel.
Laut Informationen des “Spiegel” (Samstag) prüft derzeit die Bundeswehr, ob eine Seebrücke für Gaza unterstützt werden könne. Demnach laufen Abstimmungen mit internationalen Partnern, eine Sondergesandte des Auswärtigen Amtes halte sich dafür zu Verhandlungen auf Zypern auf. Gespräche zwischen Deutschland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und weiteren Staaten über eine Ausweitung der Gaza-Hilfen finden demnach schon seit Wochen statt.
Gleichzeitig teilte die Bundeswehr dem Magazin mit, dass es sich bislang nur um eine erste Planung handle, sollte tatsächlich der Auftrag zu einer Seebrücke erteilt werden. Ob die Marine tatsächlich zum Einsatz komme, sei zum derzeitigen Zeitpunkt noch offen. Zunächst müsse in der Region ein provisorischer Hafen errichtet werden, über den die Hilfslieferungen abgewickelt werden könnten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Freitag auf der Plattform X für Sonntag den Start eines Seekorridors sowie 250 Millionen Euro Hilfsleistungen für die Menschen in Gaza an.