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Herrnhut nun Unesco-Welterbe – positive Reaktionen

Sie stehen für religiöse Toleranz, bekannt sind vor allem ihre Sterne und Losungen. Die Siedlungen der Freikirche Herrnhuter Brüdergemeine auf beiden Seiten des Atlantiks sind nun auch Teil des Welterbes der Menschheit.

Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine in Sachsen sind nun Unesco-Welterbe. Sie wurden am Freitag zusammen mit den Bauwerken der evangelischen Glaubensgemeinschaft in Großbritannien und den USA vom Welterbekomitee bei der Jahrestagung in Neu Delhi aufgenommen. Deutschland zählt damit 53 Welterbestätten, drei davon in Sachsen. Staat und Kirche im Freistaat reagierten erfreut.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte: “Wer etwas so Großartiges hinbekommen hat, Welterbe zu werden, der schafft noch viel mehr. Das Gefühl, Teil des kulturellen Erbes der Menschheit zu sein, ist unbeschreiblich – und macht die Verantwortung, dieses Erbe zu bewahren, zu einer wahren Freude. Ich bin stolz darauf, dass Herrnhut den Welterbe-Titel geholt hat und gratuliere von Herzen!”

Der katholische Görlitzer Bischof, Wolfgang Ipolt, betonte in einem Glückwunschschreiben, dass die Auszeichnung sicher nicht nur auf die baulichen Anlage abziele: “Es ist ein schönes Zeichen besonders für Sie, die Gläubigen der Brüdergemeine, die das Wort Gottes heute lebendig halten und daraus leben. Inmitten unserer säkularen und glaubensfremden Umgebung wird damit eine Ehrung ausgesprochen, die weit über Ihre Glaubensgemeinschaft hinaus Bedeutung hat.”

Deutschlands Botschafterin bei der Unesco, Kerstin Pürschel, sagte, die frisch gekürte Welterbestätte erinnere daran, dass Bildung, Solidarität und Inklusion “für unsere Gesellschaften eine besondere Verpflichtung bleiben”. Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, betonte, die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine stünden für den kulturellen und geistigen Austausch über Ländergrenzen und Kontinente hinweg.

Die Siedlungen der Herrnhuter wurden überall nach denselben Grundsätzen geplant und zeichnen sich laut Unesco dennoch durch regionale Besonderheiten aus: “Im einheitlichen Städtebau und der schlichten Architektur spiegeln sich die Ideale der Religionsgemeinschaft und ihre gemeinschaftsorientierte Lebensweise wider. Zur nun gekürten transnationalen Welterbestätte gehören die charakteristischen Siedlungen Christiansfeld in Jütland, Bethlehem in Pennsylvania, Gracehill in Nordirland und Herrnhut in Sachsen, wo die Siedlungsgeschichte im 18. Jahrhundert ihren Anfang nahm”. Die dänische Siedlung Christiansfeld hat bereits seit 2015 Welterbe-Status.

Die evangelische Freikirche der Herrnhuter Brüdergemeine geht zurück auf Graf Nikolaus Ludwig Zinzendorf, der als sächsischer Hof- und Justizrat um mehr religiöse Toleranz warb und 1722 protestantischen Glaubensflüchtlingen aus Mähren auf seinem Gut Berthelsdorf, rund 70 Kilometer von Dresden entfernt, Schutz bot. Der Zufluchtsort “unter des Herrn Hut” in der Oberlausitz wurde so zur Keimzelle der Brüdergemeine.

“Viele Gotteshäuser der Gemeinschaft sind dem Herrnhuter Kirchensaal nachempfunden: Ohne Kanzel, ohne Altar, ganz in Weiß gehalten. Gepredigt wird nicht von oben herab”, so die Unesco. Auf dem Gottesacker, dem Friedhof der Stadt, symbolisierten einfache, flach auf dem Boden liegende Grabsteine die Gleichheit der Menschen vor Gott. Der Herrnhuter Barock habe einen betont schlichten Baustil hervorgebracht, der auch eine eigene Maßeinheit hervorbrachte, die die Brüdergemeine weltweit miteinander verbinde: “So passen Türen aus dem Berthelsdorfer Schloss problemlos in die Gebäude der Herrnhuter in den USA oder Dänemark.”