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Handel mit menschlichen Überresten hält an – Regierung unter Druck

“Makaber und völlig verantwortungslos”: Noch heute wird mit menschlichen Gebeinen aus der Kolonialzeit gehandelt. Die Bundesregierung beobachtet die Entwicklung, doch andere Politiker fordern rasches Handeln.

Der Handel mit menschlichen Überresten wird offenbar vorerst nicht ausdrücklich verboten. Die Bundesregierung beobachte Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam und “würde, sofern erforderlich, Maßnahmen ergreifen”: So zitiert der “Tagesspiegel” (Mittwoch) aus Antworten auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die der Zeitung vorliegen. Im Vorjahr hatte die damalige Staatsministerin im Auswärtigen Amt entsprechende Maßnahmen angekündigt.

Dass die Bundesregierung nun von dieser Linie abrücke, stößt auf Kritik. Der Schutz der Menschenwürde ende nicht mit dem Tod, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Awet Tesfaiesus, die die Anfrage gestellt hat, der Zeitung. Deutschland sei verpflichtet, menschliche Gebeine als Ausdruck von Respekt gegenüber den Betroffenen zu schützen. “Wir fordern daher eine umfassende Bestandsaufnahme sowie klare gesetzliche Regelungen, die die Würde der Verstorbenen und ihrer Nachfahren sicherstellen.”

Der Namibia-Sondergesandte der Bundesregierung, Ruprecht Polenz (CDU), zeigte sich erschüttert darüber, dass mit menschlichen Gebeinen offenbar weiterhin Handel im Netz getrieben wird. “Ich finde das makaber, dekadent und völlig verantwortungslos.”

Polenz kritisierte auch die Haltung der Bundesregierung. “Die Antwort der Bundesregierung finde ich unbefriedigend. Dieser Handel muss unterbunden werden”. Und weiter: “Man kann nicht sagen, man beobachtet das und greift dann vielleicht irgendwann mal ein. Wenn es rechtliche Schlupflöcher geben sollte, dann müssen diese sofort geschlossen werden.”

Zuletzt hatte es für Kritik gesorgt, dass die Bundesregierung Wiedergutmachungszahlungen ablehnt. Die Aufarbeitung der Kolonialzeit solle indes vorangetrieben werden. Namibia war zwischen 1884 und 1915 deutsche Kolonie. Viele der Gebeine stammen von Opfern der deutschen Kolonialherrschaft, insbesondere der Völkermorde an Herero und Nama. Sie wurden einst für pseudowissenschaftliche Forschungen nach Deutschland gebracht.